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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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mals mehr die Idee unterhalten, dass diese Körper existieren und dass Vergnügen<br />

und Schmerz faktische Wirklichkeiten seien.<br />

Der unwissende Mensch, der zu leiden glaubt und dessen Gesicht ständig<br />

von Tränen übergossen ist, ist schlimmer daran als ein Bildnis oder eine<br />

Statue, denn die letzteren erleiden keinen Kummer! Die Statue ist außerdem<br />

nicht der Krankheit und dem Tode unterworfen. Sie wird nur dann zerstört,<br />

wenn jemand sie willentlich zerstört, während der menschliche Körper zum<br />

Sterben verdammt ist. Wird die Statue sorgsam behandelt und beschützt,<br />

kann sie eine sehr lange Zeit in guter Verfassung bestehen. Der menschliche<br />

Leib jedoch, auch wenn er stets gut erhalten und beschützt wird, zerfällt von<br />

Tag zu Tag und verliert seine gute Verfassung. Daher ist die Statue besser als<br />

der aus Gedanken und Ideen geschaffene Körper. Wer setzt denn auf diesen<br />

menschlichen Körper alle seine Hoffnungen?<br />

Der Wachkörper ist sogar noch schlechter als der geträumte Körper. Der<br />

geträumte Körper wird durch eine kurzlebige Idee (den Traum) erzeugt und<br />

ist folglich nicht der dauernden Sorge unterworfen. Der Wachkörper jedoch<br />

ist das Ergebnis langlebiger Ideen und Konzepte und wird also für eine sehr<br />

lange Zeit von den Sorgen terrorisiert. Ob man den Körper nun für real oder<br />

irreal hält – gewiss ist, dass er das Produkt von Gedanken und Ideen ist. Daher<br />

braucht man diesbezüglich keinerlei Kummer zu haben.<br />

Bei einer zerbrochenen Statue ist kein Leben verloren, und so geht auch<br />

beim aus Gedanken und Ideen geborenen Körper bei dessen Tod nichts verloren.<br />

Es ist wie beim Verlust des zweiten Mondes, den der von der Fehlsichtigkeit<br />

Geheilte zuvor zu sehen glaubte. Das Selbst, welches unendliches Bewusstsein<br />

ist, stirbt nicht, noch wird es irgendeinem Wandel unterzogen.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Oh Rāma, für jemanden, der in einem Karussell sitzt, dreht sich die Welt in<br />

der entgegengesetzten Richtung, und genau so denkt der Mann, der auf dem<br />

Rad der Unwissenheit umherwirbelt, dass der Körper und die Welt sich drehen.<br />

Der spirituelle Held jedoch sollte all dies zurückweisen – dieser Körper<br />

ist nichts als das Produkt der Gedanken und Konzepte eines unwissenden<br />

Gemüts. Die Erzeugung der Unwissenheit geschieht fälschlicherweise. Auch<br />

wenn der Körper aktiv und alle möglichen Tätigkeiten auszuführen scheint,<br />

ist er doch unwirklich wie die Schlange, die man sich in einem Seil liegend<br />

einbildet, und die immer das Produkt der Fantasie bleibt. Was von einem<br />

leblosen Objekt getan wird, wird nicht von diesem getan. Obwohl der Körper<br />

den Anschein der Tätigkeit erweckt, tut er tatsächlich nichts.<br />

Der leblose Körper unterhält keinerlei Wunsch danach, Handlungen auszuführen,<br />

während das Selbst (welches unendliches Bewusstsein ist), ebenfalls<br />

keine solchen Wünsche hat. Folglich gibt es in Wahrheit keinen Täter aller<br />

Handlungen, sondern es gibt nur die beobachtende Intelligenz. So wie eine<br />

Lampe an einem windstillen Ort spontan und auf selbstverständliche Weise<br />

scheint, so sollte man unter allen Lebensumständen stets als das Selbst verbleiben.<br />

So wie die Sonne in sich selbst ruht und ihrer eigenen, essenziellen<br />

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