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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Ich betrat das Herz des Wesens. In diesem Herz erreichte ich das Prinzip<br />

des Lichts. In ihm fand ich die drei Welten gespiegelt. Es ist das Licht der drei<br />

Welten. Es ist die eigentliche Essenz aller Dinge. Der jīva ist dort. Der jīva<br />

durchdringt zwar den gesamten Körper, jedoch ist dieser „ojas“ (inneres<br />

Licht) sein eigentlicher Sitz. Er wird auf allen Seiten durch die Lebenskraft<br />

geschützt. Ich betrat ihn so wie Wasser einen irdenen Topf durchdringt. Indem<br />

ich dann dort saß, vermochte ich das gesamte Universum so zu sehen<br />

wie durch mein eigenes „ojas“.<br />

DER WEISE fuhr fort:<br />

Auch in dieser Traumwelt gab es eine Sonne, Berge und Ozeane wie auch<br />

Götter und Dämonen und Menschen. Es gab da Städte und Wälder, Zeiteinteilungen<br />

und Himmelsrichtungen. Die Traumerscheinungen wirkten dauerhaft<br />

und beständig – als wären sie gleich nach meinem Aufwachen aufgetaucht.<br />

Ich fragte mich: „Wie kann es sein, dass ich diesen Traum wahrnehme, obwohl<br />

ich nicht schlafe?“ Nach einer langen Ergründung realisierte ich: „Gewiss<br />

ist dies die göttliche Gestalt der Wahrheit des Bewusstseins. Was auch<br />

immer dieses Bewusstsein in sich selbst manifestiert, ist dann diese sogenannte<br />

Welt.“ Wo auch immer dieser Same des Bewusstseins sozusagen seine<br />

eigene Gestalt wahrnimmt, sieht es die Welt, ohne dabei jemals seine eigene<br />

Realität als unendliches Bewusstsein aufzugeben.<br />

Ich habe nun erkannt, dass diese Welt, die man ein Traumobjekt nennt, die<br />

Wahrnehmung dieses unendlichen Bewusstseins ist. Die Manifestation (das<br />

Leuchten) dieses Bewusstseins wird sowohl die Wachwelt als auch die<br />

Traumwelt genannt. Es ist ein Bewusstsein – eine Getrenntheit gibt es darin<br />

nicht. Traum ist Traum im Verhältnis zum Wachzustand, während der Traum<br />

der Wachzustand im Verhältnis zum Traum selbst ist. Der Traum ist nicht<br />

vom Wachzustand verschieden; der Wachzustand ist daher von zweifacher<br />

Natur.<br />

Eine Person ist nichts als Bewusstsein. Auch wenn hundert Körper verderben,<br />

das Bewusstsein verdirbt nicht. Bewusstsein ist wie Raum, aber es existiert<br />

als wäre es der Körper. Das Unendliche erscheint wie geteilt in unendlich<br />

viele Objekte mit und ohne Form. Dies ist so, weil innerhalb des unendlichen<br />

Bewusstseins zahllose Partikel der Erfahrungen leuchten. Wenn sich der jīva<br />

von der Erfahrung der äußeren Welten abwendet und sich den inneren Welten<br />

im Herzen zuwendet, taucht der Traum auf. Sobald der jīva ein veräußerlichtes<br />

Bewusstsein hat, gibt es den Wachzustand. Wenn derselbe jīva seinen<br />

Blick auf sich selbst richtet, taucht der Traum auf. Es ist der jīva selbst, der<br />

sich als der Raum, die Erde, der Wind, die Berge und die Ozeane ausbreitet –<br />

ob diese nun außen oder innen gesehen werden. Sobald diese Wahrheit realisiert<br />

wird, ist man frei von den vāsanās oder mentaler Konditionierung.<br />

Dann fragte ich mich selbst: „Was ist der Schlaf?“ Ich begann, den Schlaf zu<br />

erforschen. Wenn man denkt: „Was habe ich mit diesen Objekten der Welt zu<br />

tun? Lass mich eine Zeit lang in völligem Frieden ruhen“, kommt der Schlaf. So<br />

wie es in ein und demselben Körper lebende und nicht lebende Dinge gibt<br />

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