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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Das Bewusstsein denkt (empfindet oder stellt sich vor) fälschlicherweise<br />

„ich bin unglücklich“ –gleich wie ein Geisteskranker denkt, dass er elend ist.<br />

So wie aufgrund von verzerrtem Verständnis jemand laut weint und klagt:<br />

„Oh weh, ich bin tot!“, obwohl er nicht tot ist, oder wie jemand, der nicht<br />

verloren ist, schreit: „Hilfe, ich bin verloren!“ – so stellt sich das Bewusstsein<br />

fälschlicherweise sein eigenes Elend und seine Begrenztheit vor. Einbildungen<br />

dieser Art sind unsinnig und unbegründet. Aufgrund der falschen Ideenbildung<br />

des Ich-Sinns hält das Bewusstsein die Welterscheinung für real. Es<br />

ist einzig das Gemüt, welches die Wurzelursache des Erfahrens ist und die<br />

Welt für etwas Reales hält. Tatsächlich kann dies jedoch nicht als eine Ursache<br />

betrachtet werden, da das Gemüt nichts anderes als reines Bewusstsein<br />

sein kann. Sobald folglich erkannt wird, dass das wahrnehmende Gemüt<br />

selbst irreal ist, muss natürlich auch die von ihm wahrgenommene Welt irreal<br />

sein.<br />

So wie es in einem Felsen kein Öl gibt, so existiert im reinen Bewusstsein<br />

nicht die Teilung in Seher, Sehen und Gesehenes, in Täter, Tun und Tat oder<br />

Kenner, Kennen und Gekanntes. Ähnlich dazu ist die Unterscheidung zwischen<br />

„ich“ und „du“ reine Einbildung. Alle Unterscheidung zwischen dem<br />

Einen und dem Vielen ist rein verbal. All dies existiert überhaupt nicht –<br />

ebenso wenig, wie die Finsternis nicht in der Sonne existieren kann. Gegensätze<br />

wie Substanz und Nicht-Substanz, Leere und Nicht-Leere sind reine<br />

Konzepte. Im Zuge der Selbst-Ergründung verschwinden sie alle – nur reines<br />

Bewusstsein verbleibt.<br />

Bewusstsein wird in Wirklichkeit weder einem Wandel unterzogen noch<br />

wird es unrein. Diese Unreinheit selbst ist nur eingebildet – es ist diese Einbildung<br />

selbst, die die Unreinheit ist. Sobald dies realisiert wird, wird die<br />

Einbildung fallen gelassen und die vermeintliche Unreinheit hört auf. Jedoch<br />

kann selbst noch in denjenigen, die dies realisiert haben, erneut Unreinheit<br />

auftauchen; dies geschieht so lange, wie diese Einbildung nicht entschlossen<br />

zurückgewiesen wird. Mit Hilfe der Eigenbemühung kann dies leicht erreicht<br />

werden –wenn man einen Strohhalm fallenlassen kann, dann kann man mit<br />

derselben Leichtigkeit die drei Welten fallenlassen! Was könnte denn nicht<br />

durch Eigenbemühung erreicht werden?<br />

Dieses unendliche Bewusstsein, welches unverändert und nicht-dual ist,<br />

kann mit Hilfe des einen selbstleuchtenden inneren Lichtes erkannt werden.<br />

Es ist rein und ewiglich, es ist allgegenwärtig und frei vom Gemüt, es ist unveränderbar<br />

und unbefleckt, es ist in allen Objekten. Es ist in der Tat das unbewegliche<br />

Bewusstsein, welches wie ein Zeuge von allem existiert, so wie ein<br />

Licht leuchtet, aber das Leuchten nicht sein Tun ist. Obwohl es rein ist, erscheint<br />

das Bewusstsein als befleckt; in der trägen Materie ist es die nichtträge<br />

Energie. Es ist allgegenwärtig, ohne dabei durch die Partikel, die das<br />

Weltall konstituieren, aufgeteilt zu werden.<br />

Dieses unendliche Bewusstsein, welches ohne alle Konzepte und extrem<br />

subtil ist, kennt sich selbst. In seiner Selbst-Vergessenheit unterhält dieses<br />

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