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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

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V:14<br />

bedroht fühlt, die durch die schieren Gedanken seines Gegners erschaffen<br />

wurde. Diese so vom inexistenten Gemüt heraufbeschworene Welt wird nur<br />

von einem weiteren, ebenso inexistenten Gemüt zerstört. Diese illusorische<br />

Welterscheinung ist nichts anderes als das Gemüt. Wer nicht in der Lage ist,<br />

die wahre Natur des Gemüts zu verstehen, erweist sich auch als ungeeignet,<br />

über die in den Schriften dargelegte Wahrheit unterrichtet zu werden. Das<br />

Gemüt einer solchen Person ist unfähig, die subtile Wahrheit, die in den<br />

Schriften dargelegte Lehre zu erfassen; es scheint gänzlich zufrieden zu sein<br />

mit dieser illusorischen Welterscheinung. Ein solches Gemüt ist voller Furcht<br />

– es erschrickt vor dem melodiösen Klang der Veena und hat sogar Angst vor<br />

einem schlafenden Verwandten. Es ist verängstigt, wenn jemand laut schreit,<br />

und flüchtet sofort von diesem Ort. Der unwissende Mensch ist vollständig in<br />

der Hand seines eigenen, getäuschten Gemüts.<br />

Ein Mensch wird vom eigenen Gemüt, das so gefährlich wie Gift ist, auch<br />

wenn es mit ein wenig Glück vermischt ist, zu Asche verbrannt. Wer die<br />

Wahrheit nicht kennt, wird vom Gemüt wie ein Narr an der Nase herumgeführt.<br />

Dies ist fürwahr ein großes Mysterium.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Meine Unterweisungen richten sich nicht an diejenigen, o Rāma, deren Intelligenz<br />

durch den festen Glauben an die Realität dieser illusorischen Welt<br />

und durch stetiges Streben nach ihren Vergnügungen eingeschlafen ist. Welcher<br />

Narr wird einem Menschen einen farbenprächtigen Wald zeigen wollen,<br />

der sich weigert, die Augen zu öffnen? Wer würde einen Mann, dessen Nase<br />

durch Lepra weggefressen wurde, in der feinen Kunst unterweisen, verschiedene<br />

Parfums zu unterscheiden? Wer würde einen Trunkenbold in die Feinheiten<br />

der Metaphysik einführen? Wer würde einen Leichnam, der auf dem<br />

Verbrennungsplatz liegt, über die Angelegenheiten seines Dorfes befragen?<br />

Und wenn ein Narr dies täte – wer könnte ihn von seinem idiotischen Vorhaben<br />

abbringen? Und wer kann eine unwissende Person belehren, die nicht in<br />

der Lage ist, den tauben und blinden Verstand zu beherrschen?<br />

Tatsächlich existiert das Gemüt überhaupt nicht. Sei daher versichert, dass<br />

es für alle Zeiten erobert ist. Wer es schwierig findet, das inexistente Gemüt<br />

zu erobern, leidet an den Wirkungen eines Giftes, das er niemals zu sich genommen<br />

hat. Der weise Mensch sieht allezeit das Selbst; er weiß, dass sämtliche<br />

Bewegungen im Gemüt aus der Bewegung der Lebenskräfte stammen,<br />

und er weiß auch, dass die Sinne die ihnen entsprechenden Funktionen ausführen.<br />

Was ist also das Gemüt? Alle Bewegungen gehören zur Lebenskraft<br />

und alles Bewusstsein gehört zum Selbst, während alle Sinne über ihre eigenen<br />

Kräfte verfügen – durch welche Kraft wird all dieses zusammengehalten?<br />

Alle sind nur Aspekte des einen unendlichen allmächtigen Bewusstseins –<br />

Verschiedenheit ist ein Wort ohne Bedeutung. Wie konnte überhaupt die Idee<br />

der Getrenntheit in dir auftauchen?<br />

Was ist der jīva (die individuelle Seele) schon anderes als ein bloßes Wort,<br />

welches unnötigerweise die Vernunft der Leute verwirrt? Sogar das endliche<br />

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