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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Während ich in diesem Erd-Bewusstsein verweilte, erlebte ich die Erfahrungen<br />

der Erde mit all ihren Flüssen usw. Hier erlebte ich das Weinen und<br />

Klagen derjenigen, die ihre Lieben und Nahestehenden verloren hatten, dort<br />

erlebte ich die Freuden tanzender Mädchen, da waren die Schreie der Hungernden,<br />

dort die Freude der Wohlhabenden, und da waren auch Dürren und<br />

Erdbeben, Krieg und Zerstörung, herrliche Vögel und Seen, leidende Würmer,<br />

blühende Wälder, meditierende Weise. Oh Rāma, in diesem meinem Erd-<br />

Körper fand all dies statt!<br />

RĀMA fragte:<br />

Als du auf diese Weise mit der Kontemplation des Erde (pārthiva-dhāraïā)<br />

befasst warst, war die Erde real oder nur mental?<br />

VASIåèHA erwiderte:<br />

Wahrhaftig war sie mental und ich selber wurde zur Erde. Und wahrhaftig<br />

war dies weder mental, noch wurde ich tatsächlich zu Erde. Getrennt vom<br />

Gemüt gibt es keine Erde. Ob du nun etwas als real oder irreal erachtest – es<br />

ist nichts als mentale Tätigkeit. Ich bin nichts als reines, unendliches Bewusstsein<br />

und die Idee, die in diesem auftaucht, nennt man saÇkalpa oder<br />

Denken oder Imagination. Diese Bewegung ist das Gemüt, ist die Erde, ist die<br />

Welt und ist der Schöpfer – diese Welt taucht im Raum aufgrund eben dieser<br />

Idee auf, so wie eine eingebildete Stadt am Himmel auftaucht.<br />

Was ich als die Erde erfuhr, war nur eine einfache Idee und daher rein mental.<br />

Durchdrungen wird sie vom Gemüt und aufgrund des beständigen<br />

Darandenkens (dhāraïā) verharrt sie als wäre sie die Erde. Die Ebene der<br />

Erde ist mental – es ist die Idee, die im Bewusstsein auftaucht, und es ist<br />

ansonsten leer. Sobald diese Idee eine Zeitlang beständig ist, gibt sie ihren<br />

scheinbaren mentalen Zustand auf und wird dann scheinbar zu dieser festen,<br />

materiellen, harten und widerstandsfähigen Erde.<br />

Von diesem Gesichtspunkt aus existiert die Erde nicht. Jedoch wurde sie<br />

seit Beginn der Schöpfung als solide, materielle Existenz betrachtet. So wie<br />

das Traumobjekt nichts anderes als das Bewusstsein des Träumers ist, so ist<br />

diese Welterscheinung nichts anderes als reines Bewusstsein. Die Idee, die im<br />

Bewusstsein auftaucht, ist reines Bewusstsein und nichts anderes. Daher gibt<br />

es auch keine Idee als solche und weder ein Selbst noch eine Welt. Wird es so<br />

gesehen, existiert die Welt überhaupt nicht; wenn es nicht sorgfältig beobachtet<br />

wird, dann scheint die Welt zu entstehen.<br />

So wie ein Kristall ohne eigene Absicht Farben reflektiert, so reflektiert das<br />

unendliche Bewusstsein das gesamte Universum. Die Welt ist folglich weder<br />

mental noch materiell. Sie ist reines Bewusstsein, das als diese Erde erscheint.<br />

Es ist nur die von den zahllosen Wesen in den drei Welten gehegte<br />

Idee, die zu dieser angeblichen Realität oder Substanz der „Erde“ geworden<br />

ist. „Ich bin alles dies, und all das ist in all diesem.“ Mit dieser Erkenntnis sah<br />

ich alles.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

VI.2:90<br />

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