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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Der Zustand, der andauert, wird der Wachzustand genannt, und derjenige,<br />

der vergänglich ist, ist der Traumzustand. Während der Dauer des Traums<br />

nimmt dieser die Eigenschaft des Wachzustandes an, und sobald die vergängliche<br />

Natur des Wachzustandes realisiert wird, hat er die Eigenschaften des<br />

Traums. Abgesehen davon sind beide gleich.<br />

Sobald sich die Lebenskraft im Körper rührt, üben die verschiedenen Organe<br />

des Denkens, des Sprechens und der Handlung ihre Funktionen aus. Sie<br />

bewegen sich in Richtung ihrer Wahrnehmungsobjekte entsprechend den<br />

illusorischen Vorstellungen, die im Gemüt vorherrschen. Diese Lebenskraft<br />

nimmt im Selbst verschiedene Formen wahr. Weil die Natur dieser Wahrnehmungen<br />

als dauerhaft empfunden wird, nennt man sie den Wachzustand.<br />

Aber wenn die Lebenskraft (jīva-cetana) nicht vom Gemüt und dem Körper<br />

abgelenkt wird, verbleibt sie friedlich innerhalb des Herzens verwurzelt. Es<br />

gibt dann weder eine Bewegung des Bewusstseins in den Nerven des Körpers<br />

noch aktiviert die Lebenskraft die Sinne. Das Bewusstsein jedoch, welches<br />

sogar im Tiefschlaf wach und welches das Licht ist, das im Wachen und<br />

Träumen scheint, ist das transzendentale Bewusstsein, turiya.<br />

Sobald sich wieder die Samen der Unwissenheit und Täuschung regen und<br />

ausbreiten, entsteht der allererste Gedanke – der Gedanke „Ich bin“. Dann<br />

nimmt man innerhalb des Gemüts im Traum Gedankenformen wahr. Zu diesem<br />

Zeitpunkt arbeiten die externen Sinnesorgane nicht, während dagegen<br />

die inneren Sinne funktionieren und Wahrnehmungen im eigenen Innern<br />

entstehen lassen. Dies ist der Traumzustand. Sobald die Lebenskraft die Sinnesorgane<br />

aktiviert, beginnt wieder der Wachzustand.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Ich habe die Zustände des Gemüts nur deshalb beschrieben, damit du die<br />

Natur des Gemüts verstehen lernst – einen anderen Zweck der Unterweisung<br />

gibt es nicht. Denn das Gemüt nimmt die Form von dem an, worüber es intensiv<br />

kontempliert. Existenz, Nicht-Existenz, Erlangen und Entsagen – all dieses<br />

sind nur Stimmungen im Gemüt.<br />

RùMA fragte:<br />

Wenn das Gemüt also all dies ist, oh Herr, wie kann es dann befleckt werden?<br />

VASIåèHA erwiderte:<br />

Dies ist eine schöne Frage, Rāma, aber es ist nicht der richtige Zeitpunkt<br />

dafür. Wenn du dem, was ich dir mitgeteilt habe, zugehört hast, dann wirst du<br />

die Antwort auf diese Frage mit der äußersten Klarheit herausfinden.<br />

Dass das Gemüt unrein ist, ist die Erfahrung von allen, die nach der Befreiung<br />

streben. Je nach der Art seines besonderen Gesichtspunkts beschreibt es<br />

jeder unterschiedlich.<br />

So wie Luft, in Kontakt mit verschiedenen Blumen kommend, deren Düfte<br />

mit sich nimmt, so nimmt das Gemüt in Abhängigkeit von seinen verschiede-<br />

IV:20, 21<br />

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