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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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DER WEISE erwiderte:<br />

Dharma (Tugend), adharma (Sünde), vāsanā (latente Neigungen oder mentale<br />

Konditionierung), das aktive Selbst und der jīva – all dies sind Synonyme<br />

für Ideen ohne eine dazugehörige Realität. Bewusstsein hegt all diese Ideen<br />

im Raum (Ebene) des Bewusstseins. Das Selbst erfährt die Körperidee, weil<br />

es reines Bewusstsein ist, völlig unabhängig vom Körper. Obgleich die Körperidee<br />

unwirklich ist, wird sie wie eine Realität erfahren, gleich wie ein<br />

Traumobjekt. Für die gestorbene Person erstrahlt die „andere Welt“ als eine<br />

Idee in ihrem eigenen Bewusstsein. Da sie sie einige Zeit lang erblickt, hält sie<br />

sie für real.<br />

Wenn man behauptet, dass die verstorbene Person durch jemanden geboren<br />

wird, wie kann dann die letztere sich an ihre vergangene Inkarnation<br />

erinnern? Der Tote wird nicht wiedergeboren - jedoch erfährt er aufgrund<br />

seiner eigenen mentalen Konditionierung in seinem eigenen Bewusstsein die<br />

Idee „Ich bin hier in diesen Umständen usw.“ Sobald diese Erfahrung einige<br />

Zeit anhält und Wurzeln schlägt, erlangt sie die Gewissheit der Realität. Das<br />

Selbst, welches reiner Raum ist (Leerheit), erblickt innerhalb dieses Raums<br />

einen Traum. Es erinnert sich dann wieder und wieder an diesen Traum und<br />

lässt dadurch die Wiedergeburten und weitere Welten entstehen. Dann<br />

glaubt es, dass diese Welt und diese Geburt real sind und beginnt, in dieser<br />

Welt als jīva tätig zu sein.<br />

Auf diese Weise gibt es Millionen und Abermillionen von Welten. Wird deren<br />

Wahrheit klar verstanden, sind sie nichts als reines Bewusstsein oder<br />

Brahman, während sie andernfalls als Weltschöpfung erscheinen. Sie sind<br />

nichts und gehören zu niemandem. Sie wurden niemals wirklich erschaffen.<br />

Jeder jīva erfährt jede einzelne dieser Welten als „dies ist die Welt“. Eben<br />

diese wechselseitige Beziehung verleiht dieser Illusion den Eindruck der<br />

Realität. Wenn die Wahrheit dieser Welten verstanden ist, werden sie als<br />

unerschaffene Realitäten erkannt. Was real für den Weisen ist, ist für den<br />

Unwissenden eine undurchdringliche Illusion. Was unwirklich für den Weisen<br />

ist, ist für den Unwissenden eine auf der Hand liegende Wahrheit.<br />

Was auch immer das unendliche Bewusstsein erfährt, scheint jetzt und hier<br />

zu existieren; solche Erfahrungen sind daher wirklich in Beziehung zum<br />

jeweiligen Erfahrenden. Da sie jedoch sämtlich (der Erfahrende und die Erfahrungen)<br />

reines Bewusstsein sind, gibt es nichts, von dem man als „das<br />

andere“ oder als Dualität sprechen kann. Wenn im unendlichen Bewusstsein<br />

die Idee „dies ist dies“ auftaucht, erstrahlt dieses „dies ist dies“ als solches.<br />

Wird es jedoch als „dies ist dies“ gesehen, dann wird es natürlich irreal! Wenn<br />

es die Erfahrung des Bewusstseins ist, dann ist sie nicht-verschieden vom<br />

Bewusstsein; nur im inexistenten Zustand der Unwissenheit wird die Erfahrung<br />

als etwas Unabhängiges erfahren. Daher hat die Selbsterkenntnis keinerlei<br />

Objekt, das man kennen kann. Erkenntnis, die zum Gekannten wird,<br />

wird zum Selbst, dass sich selbst kennt.<br />

DER WEISE fuhr fort:<br />

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