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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Von da an war er weder am Erwerb noch am Zurückweisen von irgendetwas<br />

interessiert – ohne jeden Zweifel und ohne Verwirrtheit lebte er in der<br />

Gegenwart. Seine Weisheit war ununterbrochen, und seine Intelligenz wurde<br />

nicht wieder durch Unreinheiten umwölkt. In seinem Herzen erschien das<br />

Licht der Selbsterkenntnis (cid-ātmā), frei von der geringsten Befleckung<br />

durch Unreinheit und Kummer, so wie die Sonne am Horizont aufsteigt. Alles<br />

im Universum erblickte er als Ergebnis der kosmischen Kraft (cid-śakti).<br />

Ausgestattet mit Selbsterkenntnis, sah er sämtliche Dinge im Selbst, das unendlich<br />

ist. Da er wusste, dass alle Dinge, die geschehen, auf natürliche Weise<br />

geschehen, war er weder himmelhoch jauchzend noch zu Tode betrübt und<br />

verblieb stets in ungebrochenem Gleichmut. Janaka wurde noch zu seinen<br />

Lebzeiten zu einem befreiten Weisen (jīvan mukta).<br />

Janaka setzte seine Herrschaft über das Königreich fort, ohne dass seine<br />

Selbsterkenntnis sich aufgrund des Einflusses von Gut und Böse um ihn herum<br />

verminderte oder vermehrte. Indem er für immer im Bewusstsein des<br />

Unendlichen verblieb, erfuhr er den Zustand des Nicht-Handelns, obschon er<br />

in den Augen anderer in einer Vielzahl von Tätigkeiten als aktiv erschien. Alle<br />

Neigungen und Absichten hatten aufgehört, in ihm zu existieren. Daher befand<br />

er sich, obwohl er aktiv zu sein schien, in Wahrheit stetig in einem Zustand<br />

von Tiefschlaf.<br />

Weder brütete er über der Vergangenheit noch sorgte er sich um die Zukunft<br />

– er lebte im gegenwärtigen Moment und lächelte immerfort glücklich.<br />

Janaka erlangte, was er auch tat, kraft seiner Selbsterforschung. Jeder sollte<br />

nach seinem Beispiel durch Forschen in die Natur der Wahrheit eindringen,<br />

bis er die äußerste Grenze einer solchen Erforschung erreicht hat. Selbsterkenntnis<br />

oder Erkenntnis der Wahrheit wird weder durch die Zufluchtnahme<br />

zu einem Guru (Lehrer) noch durch das Studium der Schriften erlangt, noch<br />

durch gute Taten, sondern allein durch die Erforschung, inspiriert durch die<br />

Gesellschaft von Weisen und Heiligen. Nur das eigene innere Licht ist das<br />

Mittel – nichts anderes. Wenn dieses innere Licht am Leben erhalten wird,<br />

können Finsternis der Trägheit und Leblosigkeit es nicht berühren.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Welche Sorgen auch immer auftauchen und schwer zu überwinden sein<br />

mögen – mit Hilfe der Weisheit als dem sicheren Boot (das innere Licht)<br />

werden sie bewältigt. Wer dieser Weisheit bar ist, wird sogar durch unbedeutende<br />

Schwierigkeiten in Bedrängnis versetzt. Wer jedoch über diese Weisheit<br />

verfügt, überquert den See der Sorgen auch dann unbeschadet, wenn er<br />

allein und ohne Unterstützung in dieser Welt lebt und die Schriften nicht<br />

kennt. Ohne die Hilfe anderer vermag ein weiser Mensch seine Arbeit zu tun.<br />

Ohne Weisheit vermag er es nicht – ja sogar sein Vermögen, das er in die<br />

Waagschale geworfen hat, geht verloren. Daher sollte man beständig dieses<br />

innere Licht oder die Weisheit zu erlangen suchen – so wie jemand, der<br />

Früchte ernten will, seinen Garten ständig hegt und pflegt. Die Weisheit ist<br />

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