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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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eine Gemüt, echte Selbsterkenntnis und einen wahrhaft erwachten Zustand.<br />

Die vollständige Abwesenheit sämtlicher Wünsche und Hoffnungen ist Befreiung.<br />

Solange einer nicht dieses wahre innere Erwachen oder die Selbsterkenntnis<br />

erlangt hat, hält er sich selbst für gebunden und strebt nach Befreiung.<br />

Gib diese falschen Ideen von Bindung und Befreiung auf und werde ein<br />

„Mensch der höchsten Entsagung“, oh Rāma. Lebe danach ein sehr langes<br />

Leben und regiere die ganze Welt.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Das Selbst, das spielerisch den Körper wahrnimmt, unterhält dann die Idee,<br />

dass es zum Körper geworden sei. All dies, was die Weltillusion ausmacht,<br />

tritt ins Dasein wie eine Luftspiegelung in der Wüste. Diese Illusion breitet<br />

sich dann aus wie Wellen im Ozean und nimmt verschiedene Namen an wie<br />

Gemüt, die Fähigkeit der Unterscheidung, der Ich-Sinn, die latenten Neigungen<br />

und die Sinne. Das Gemüt und der Ich-Sinn sind in Wahrheit nicht zwei,<br />

sondern ein und dasselbe; die Unterscheidung ist rein verbal. Das Gemüt ist<br />

der Ich-Sinn und der Ich-Sinn ist das Gemüt. Nur unwissende Menschen glauben,<br />

dass das eine aus dem anderen geboren worden sei – so wie unwissende<br />

Menschen vielleicht sagen würden, dass die Weiße aus dem Schnee entstanden<br />

sei.<br />

So ist es auch mit Gemüt und Ich-Sinn – hört das eine auf, hört auch das andere<br />

auf. Anstatt die Ideen von Bindung und Befreiung zu unterhalten, gib<br />

alles Verlangen auf und führe durch Weisheit und Leidenschaftslosigkeit das<br />

Ende des Gemüts herbei. Sogar wenn nur der Wunsch „Möge ich doch befreit<br />

sein!“ in dir auftaucht, wird das Gemüt dadurch wiederbelebt. Wenn das<br />

Gemüt dann weitere Ideen unterhält, wird dadurch der Körper geschaffen.<br />

Dann entstehen wiederum andere Konzepte wie „Ich tue dies“, „Ich erfreue<br />

mich dessen“ und „Ich kenne dies alles“. Alle diese Konzepte sind unwirklich<br />

wie eine Luftspiegelung in der Wüste. Da ihre Unwirklichkeit jedoch nicht<br />

erkannt wird, üben diese Illusionen auf das Gemüt eine anziehende Wirkung<br />

aus, so wie eine Luftspiegelung die Tiere irreführt. Wird sie dagegen als eine<br />

Illusion erkannt, dann zieht sie das Gemüt nicht mehr an, so wenig wie eine<br />

Luftspiegelung denjenigen nicht mehr in Bann zieht, der sie als eine solche<br />

erkannt hat. So wie eine Lampe die Dunkelheit vertreibt, so entwurzelt die<br />

Erkenntnis der Wahrheit vollständig alle Konzepte und Konditionierungen.<br />

Wenn einer ernsthaft fragt: „Dieser Körper ist nichts als eine leblose Substanz<br />

– weshalb sollte man seinetwillen auf die Suche nach Vergnügen gehen?“,<br />

dann schwindet alles Verlangen dahin. Und wenn es kein Verlangen<br />

mehr gibt, dann erlebt man im Innern große Seligkeit und höchsten Frieden.<br />

Der Weise der Selbsterkenntnis gewinnt Mut und Festigkeit und strahlt in<br />

seinem eigenen Glanz. Er erfreut sich höchster Zufriedenheit. Er ist erleuchtet,<br />

und dieses innere Licht leuchtet hell in ihm. Er sieht das Selbst als das<br />

Selbst von allen; allgegenwärtig, der Höchste Herr von allem, formlos und<br />

doch alle Formen durchdringend.<br />

V:74<br />

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