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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Das gesamte Universum ist reines Bewusstsein; aber als ein Objekt ist es<br />

eine leblose Erscheinung. Daher ist alles, obwohl es lebt, wie tot. Und auch du<br />

und ich sind wie tot, obwohl wir leben. Indem wir die Idee der Welt in der<br />

Welt und die Ich-Du-Idee in uns selbst aufgeben, befassen wir uns mit der der<br />

Situation angemessenen Handlung und tun hier, was nötig ist. Weshalb? Weshalb<br />

taucht diese Welterscheinung überhaupt auf? Es gibt keinen Grund<br />

dafür, so wenig wie es einen Grund oder eine Motivation gibt für das Spiel<br />

eines Kindes. Man soll daher sein Leben nicht mit der nutzlosen Suche nach<br />

Wissen betreffend Materie und Gemüt verschwenden, denn wer Gold sucht,<br />

muss dazu nicht den Himmel fegen.<br />

Höre dir nun die folgende Geschichte an: In diesem Universum, auf diesem<br />

Kontinent namens JambÆdvīpa gab es eine berühmte Stadt namens Tatam,<br />

die vom König VipaÁcit (wörtl.: weise, gelehrt) regiert wurde. Sein Glanz war<br />

unbeschreiblich. Sogar die Hofpoeten hatten ihre sämtlichen Talente erschöpft,<br />

ohne jedoch der Beschreibung seiner Tugenden gerecht zu werden.<br />

Aber sie liebten und genossen seine Gesellschaft. Der König wiederum war<br />

ihnen herzlich zugetan und gab ihnen täglich großzügige Geschenke. Er verehrte<br />

die Brāhmaņen (die Priester) wie auch das Feuer, dem er täglich huldigte.<br />

Er hatte vier Minister, die sein Königreich eifrig an seinen vier Grenzen bewachten.<br />

Dank ihrer Weisheit und Tapferkeit war der König siegreich und<br />

unüberwindlich. Eines Tages besuchte ihn ein weiser Mann aus dem Osten. Er<br />

gebrauchte gegenüber dem König harsche und unerfreuliche Worte.<br />

Er sprach: „Oh König, du hast dich selbst mit Händen und Füßen an diese<br />

Erde gefesselt. Höre nun, was ich dir zu sagen habe und entscheide dann, was<br />

zu tun ist. Dein Minister, der die östliche Seite deiner Stadt beschützt, ist tot.<br />

Derjenige, der die südliche bewacht, versuchte, auch die östliche Seite zu<br />

verteidigen, wurde jedoch vom Feind überwältigt. Auch er ist tot. Als der<br />

Minister, der den Westen bewachte, zur südlichen Seite eilte, wurde er vom<br />

Feind abgefangen und getötet.“<br />

Während er so sprach, eilte ein anderer Mann in den Palast und kündigte<br />

an, dass der den Norden bewachende Minister am Palasttor sei. Der König<br />

alarmierte seine Armee und befahl, den Minister hereinzubringen. Der Minister<br />

trat ein und grüßte den König. Er sah mitgenommen aus und sein Atem<br />

ging mühsam. Aufgrund seiner Schwäche hatte der Feind ihn überwältigen<br />

können. Er sagte zum König: „Oh Herr, alle anderen drei Minister sind in die<br />

Welt der Toten gegangen, um dieses Reich für dich zu erobern. Nur du vermagst<br />

jetzt noch, den Feind niederzustrecken.“<br />

In der Zwischenzeit kam noch ein Mann und berichtete: „Herr, die Stadt ist<br />

vollständig vom Gegner eingekreist worden. Ihre Waffen sind überall zu sehen.<br />

Sie sind wie Dämonen äußerst mächtig. Ihre Rüstungen glänzen so wie<br />

Euer Ruhm. Ihre Armeen sind in perfekter Schlachtordnung aufgereiht. Sie<br />

sind zornig und ihre Schlachtrufe erklingen schreckenerregend. Der Befehls-<br />

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