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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Heiliger Herr, wie kommt es, dass an alle diese Konzepte und Denkkategorien<br />

so fest geglaubt wird? Bitte erleuchte mich!<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

All dies ist wirklich das Selbst. Jedoch wie Wellen die Oberfläche des Ozeans<br />

aufrühren, so taucht die Vielfalt, die das Universum genannt wird, im Gemüt<br />

auf. Ab und zu scheint das Selbst das bewegte Selbst zu sein. Dann wieder<br />

verbleibt das Selbst in einem unbewegten Zustand. Das Unbewegte sind die<br />

leblosen Substanzen wie etwa die Steine, während die bewegten Substanzen<br />

die Menschen usw. sind. In all diesen unterhält das allmächtige Selbst die Idee<br />

der Unwissenheit und verbleibt daher in einem Zustand scheinbarer Unwissenheit.<br />

Das Unendliche, auf diese Weise in Unwissenheit gekleidet, wird der<br />

jīva genannt, der in dieser Welterscheinung wie ein in die Falle gegangener<br />

Elefant ist.<br />

Da er lebt, wird er jīva genannt. Da er egoistische Ideen unterhält, wird er<br />

Ego genannt. Da er unterscheidet und entscheidet, wird er als buddhi (Intellekt)<br />

oder unterscheidendes Wesen bezeichnet. Aufgrund seiner Fähigkeit,<br />

Konzepte und Ideen zu bilden, wird er als Gemüt bezeichnet. In seiner natürlichen<br />

Gestalt wird er als Natur bezeichnet. Der jīva ist als Körper bekannt,<br />

weil er wandelhaft ist. Er wird auch als Bewusstsein bezeichnet, weil seine<br />

Natur Bewusstsein ist.<br />

Das Höchste Selbst allein ist die Wahrheit, die sich genau in der Mitte zwischen<br />

dem Leblosen und dem Intelligenten befindet – dieses allein erschafft<br />

Vielfalt und ist unter all diesen unterschiedlichen Namen bekannt. Aber all<br />

diese Kategorien wurden von Menschen mit verdrehtem Intellekt für das<br />

Vergnügen des Polemisierens und die Verwirrung der Unwissenden erfunden.<br />

Daher, oh Rāma, ist es dieser jīva allein, der die Ursache dieser Welterscheinung<br />

ist, denn was könnte dieser taube und stumpfe Körper schon tun? Wenn<br />

der Körper verdirbt, verdirbt nicht das Selbst; so wenig wie der Baum verdirbt,<br />

wenn ein Blatt herabfällt. Nur die getäuschten Personen denken andersherum.<br />

Andererseits stirbt alles, sobald das Gemüt stirbt, und eben darin besteht<br />

die letztliche Befreiung. Der Mensch, der jammert: „Ich sterbe, ich verderbe!“<br />

hält närrischerweise an einer falschen Idee fest. Er wird die Welterscheinung<br />

an einem anderen Ort zu einem anderen Zeitpunkt weiterhin erleben. Der<br />

jīva, der in der mentalen Konditionierung gefangen ist, gibt einen Körper auf<br />

und sucht nach einem anderen; so wie ein Affe im Wald einen Baum verlässt<br />

und auf einen anderen springt. Und schon im nächsten Moment gibt er auch<br />

diesen wieder auf und hält Ausschau nach einem anderen in einem anderen<br />

Teil des unendlichen Raumes und in einer anderen Zeitperiode. So wie die<br />

Kinderfrau das kleine Kind von einem Ort zum andern trägt, um es zu unterhalten,<br />

so führt diese mentale Konditionierung (oder die psychologische<br />

Gewohnheit) den jīva hierhin und dorthin. Auf diese Weise, mit dem Seil der<br />

mentalen Konditionierung gefesselt, unterzieht sich der jīva wiederholten<br />

Geburten in verschiedenen Spezies, dabei nicht endende Leiden erfahrend.<br />

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