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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Es gab da eine Welt in uralten Zeiten, die nicht jenseits unserer Erinnerung<br />

ist, weil wir sie selbst gesehen haben.<br />

VASIåèHA fragte: Was geschah mit deinen Brüdern, da ich nur dich hier sehe?<br />

BHUŚU×ÖA erwiderte:<br />

Eine sehr lange Zeit verstrich, oh Weiser, und im Verlaufe dieser Zeit gaben<br />

meine Brüder ihre physische Existenz auf und stiegen in den Himmel Lord<br />

Śivas auf. Auch langlebige Personen, die heilig und fromm und stark sind,<br />

werden schließlich von der Zeit (oder dem Tod) verzehrt.<br />

VASIåèHA fragte weiter: Wie kam es, dass du von Hitze, Kälte, Wind und<br />

Feuer nicht berührt worden bist?<br />

BHUŚU×ÖA fuhr fort:<br />

Nun, als Krähe verkörpert zu sein, die von den Menschen verachtet wird, ist<br />

kein glücklicher Zustand, obwohl der Schöpfer reichlich für das Überleben<br />

der bescheidenen Krähe gesorgt hat. Weil wir jedoch beständig im Selbst<br />

verweilen und glücklich und zufrieden sind, haben wir manche Katastrophen<br />

glücklich überstanden. Wir blieben fest im Selbst verankert und haben alle<br />

unnötigen Aktivitäten aufgegeben, die nichts als eine Qual für Körper und<br />

Geist sind. Für diesen physischen Körper gibt es kein Elend, weder im Leben<br />

noch im Tod – daher verbleiben wir, wie wir sind und suchen nichts anderes<br />

als das, was ist.<br />

Wir haben die Schicksale aller Welten gesehen. Wir haben mental die Identifikation<br />

mit dem Körper aufgegeben. Verankert in der Selbsterkenntnis und<br />

auf diesem Baum sitzend, betrachte ich das Vergehen der Zeit. Durch die<br />

Praxis des prāïāyāma habe ich mich über die Zeiteinteilungen erhoben. Daher<br />

bin ich in meinem Herzen im Frieden und unberührt von den Ereignissen<br />

der Welt. Sämtliche Wesen können verschwinden oder geboren werden – wir<br />

fürchten weder das eine noch das andere. All diese Wesen mögen in den<br />

Ozean namens Zeit (oder Tod) eingehen – wir aber ruhen am Ufer dieses<br />

Ozeans und bleiben unberührt davon. Weder nehmen wir an noch weisen wir<br />

zurück; wir scheinen zu existieren, aber wir sind nicht, was wir zu sein scheinen.<br />

Deshalb bleiben wir in Ruhe auf diesem Baum.<br />

Obgleich wir uns mit verschiedenen Tätigkeiten befassen, ertrinken wir<br />

nicht im See der mentalen Modifikationen und verlieren niemals den Kontakt<br />

mit der Realität.<br />

Hoher Herr, der Nektar, für dessen Erwerb die Götter den Ozean aufwühlten,<br />

ist weniger kostbar als der nektargleiche Segen, der aus der Gegenwart<br />

von Weisen wie dir hervorgeht. Ich erachte nichts als lobenswerter als die<br />

Gesellschaft von Weisen, die frei von allen Wünschen und Verlangen sind. Oh<br />

Heiliger, obwohl ich bereits die Selbsterkenntnis erlangt habe, empfinde ich<br />

erst heute die wahre Erfüllung meines Lebens, da ich dich gesehen und mich<br />

deiner Gesellschaft erfreuen durfte.<br />

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