19.03.2014 Aufrufe

Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Wahrheit. Wenn man den Traum als Traum erkennt, freut man sich. Wird dies<br />

dagegen nicht erkannt, dann ist man unglücklich, wenn man von einem unglücklichen<br />

Ereignis träumt. Der erleuchtete Weise lebt in einem Zustand der<br />

Verwirklichung der Wahrheit, während er nebenbei mit den verschiedenen<br />

Tätigkeiten befasst ist. In der Vielfalt erfährt er die Einheit – er freut sich<br />

sogar in unerfreulichen Situationen. Obgleich er in dieser Welt lebt, ist er<br />

nicht in ihr. Was gibt es für eine erleuchtete Person hier noch zu gewinnen?<br />

So wie Eis stets kühl ist, lebt der Weise ein natürliches Leben, indem er alles<br />

selbstverständlich tut, ohne etwas erreichen oder abwenden zu wollen. Das<br />

Charakteristikum des unwissenden Menschen besteht darin, nach etwas<br />

anderem zu streben, als er in Wahrheit ist.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Der Schöpfer ist nichts als das Gemüt, ohne die geringste Spur von Materialität.<br />

Er besitzt daher weder einen Körper noch Sinne noch vāsanā noch mentale<br />

Konditionierung. Da er am Ende des letzten Weltzyklus die Befreiung erlangt<br />

hat, existiert in ihm keinerlei Erinnerung. Wenn es keinerlei Erinnerung an<br />

etwas gibt, gibt es auch keine Ursache für eine Wiederverkörperung. Auch<br />

wenn eine Erinnerung im Schöpfer möglich wäre, so wäre sie ohne Materie,<br />

wie eine Traumstadt. Dies wird aber nur zur argumentativen Verdeutlichung<br />

gesagt; in den Befreiten ist Erinnerung unmöglich.<br />

RĀMA fragte:<br />

Hoher Herr, bitte sage mir, weshalb es in ihnen keine Erinnerung gibt und<br />

wie die guïas (die Bausteine der Schöpfung) in Abwesenheit der Erinnerung<br />

auftauchen können.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Erinnerung entsteht nur in Beziehung zum objektiven Universum und sorgt<br />

für die Abfolge von Ursache und Wirkung. Wie und wo kann eine Erinnerung<br />

auftauchen oder existieren, wenn das Objekt der Wahrnehmung selbst inexistent<br />

ist? Da die Wahrheit darin besteht, dass all dies Brahman oder das unendliche<br />

Bewusstsein ist, gibt es keinerlei Raum für Erinnerung.<br />

Das Denken an die Objekte, die in den Lebewesen auftauchen, wird sm­ti<br />

(Erinnerung) genannt. Natürlich sind solche Objekte inexistent. Wie kann<br />

dann sm­ti existieren? Da das unendliche Bewusstsein jedoch die Wirklichkeit<br />

in allen Wesen ist, ist ein solches Denken dem Bewusstsein sozusagen<br />

eingeboren, und daher habe ich mich hier auf sm­ti bezogen. Jedoch ist dies<br />

lediglich vom Gesichtspunkt des gewöhnlichen, unwissenden Menschen<br />

gesagt. Genug davon! Auch diese natürliche Bewegung, die im Bewusstsein<br />

erscheint, wird sm­ti genannt. Wenn diese Bewegung wiederholt auftritt,<br />

wird sie im Außen als Materie wahrgenommen. Was auch immer das Bewusstsein<br />

aufgrund seiner eigenen Natur erfährt, nennt man sm­ti. Alle diese<br />

Erfahrungen tauchen aus eigenem Antrieb im unendlichen Bewusstsein auf,<br />

als seine eigenen Glieder und ohne jede kausale Verknüpfung (wie eine reife<br />

VI.2:172<br />

708

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!