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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

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V:91<br />

Oh Rāma, es gibt zwei Arten von „Tod des Gemüts“. Die eine besteht darin,<br />

dass die Gestalt des Gemüts fortbesteht, während bei der anderen sogar die<br />

Gestalt des Gemüts aufhört. Das erstere geschieht, wenn der Weise noch am<br />

Leben ist, während das zweite geschieht, wenn er entkörpert ist. Die Existenz<br />

des Gemüts bedeutet Elend – sein Aufhören bringt Freude. Das Gemüt, welches<br />

schwer konditioniert und in seiner eigenen Konditionierung gefangen<br />

ist, führt wiederholte Geburten herbei. Ein solches Gemüt bringt nichts als<br />

Unglück. Das, was die anfangslosen Eigenschaften als „mein eigenes“ erachtet,<br />

ist der jīva. Es taucht im Gemüt ohne Selbsterkenntnis auf, das folglich unglücklich<br />

ist.<br />

So lange es das Gemüt gibt, nimmt das Leid kein Ende. Hört das Gemüt auf,<br />

dann hört auch die Welterscheinung auf. Das Gemüt ist der Samen des Elends<br />

Ich werde nun beschreiben, wie das Gemüt aufhört zu sein. Wenn sowohl<br />

Glück als auch Unglück einen Menschen nicht in seinem vollkommenen<br />

Gleichmut stören, dann wird dieses Gemüt als „tot“ bezeichnet. In wem die<br />

Ideen des „Dies bin ich“ und „Dies bin ich nicht“ nicht mehr auftauchen – sein<br />

Bewusstsein auf diese Weise begrenzend – dessen Gemüt ist tot. Derjenige, in<br />

dem die Ideen von Unheil, Armut, Jubel, Stolz, Dumpfheit und Erregtheit nicht<br />

mehr auftauchen – dessen Gemüt ist tot, und der ist noch lebend befreit.<br />

Die eigentliche Natur des Gemüts ist die Stupidität. Folglich entstehen<br />

Reinheit und edle Eigenschaften, wenn es stirbt. Einige Weise bezeichnen als<br />

„reines Gemüt “ den Zustand der äußersten Reinheit in einem Weisen, dessen<br />

Gemüt tot ist. Das Gemüt eines befreiten Weisen ist folglich erfüllt von edlen<br />

Eigenschaften wie Freundlichkeit usw. Eine solche natürliche Güte (sattā) im<br />

befreiten Weisen wird satva, Reinheit usw. genannt. Daher wird auch dies als<br />

„Tod des Gemüts bei Beibehaltung der Form“ bezeichnet.<br />

Der Tod des Gemüts, bei dem sogar die Form verschwindet, gehört dem<br />

entkörperten Weisen an. Hier bleiben keinerlei Spuren des Gemüts zurück. Es<br />

ist unmöglich, dies irgendwie positiv zu beschreiben; es gibt darin weder<br />

Qualitäten noch deren Abwesenheit; weder Tugenden noch deren Abwesenheit;<br />

weder Licht noch Dunkelheit; keine Ideen; keinerlei Konditionierung;<br />

weder Existenz noch Nicht-Existenz. Es ist ein Zustand höchster Stillheit und<br />

vollkommenen Gleichgewichts. Diejenigen, die jenseits des Gemüts und des<br />

Verstandes gegangen sind, erlangen diesen höchsten Zustand des Friedens.<br />

RùMA fragte:<br />

Hoher Herr, worin besteht der Same dieses furchterregenden Baumes, der<br />

„Gemüt“ genannt wird, und was ist der Same dieses Samens usw.?<br />

VASIåèHA erwiderte:<br />

Rāma, der Same dieser Welterscheinung ist der Körper darin mit all seinen<br />

Ideen und Konzepten von Gut und Böse. Auch dieser Körper hat einen Samen,<br />

und der besteht im Gemüt, das beständig in Richtung der Hoffnungen und<br />

Wünsche fließt und ferner das Lagerhaus der Ideen von „Seiend“ und „Nichtseiend“<br />

und der sich daraus ergebenden Sorgen ist. Die Welterscheinung<br />

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