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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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sich bis in die fernsten Regionen des unendlichen Raumes. Sie war so dünn,<br />

dass ihre Nerven bloßlagen, und es schien, als hätte jemand sie mit eben<br />

diesen Nerven zusammengebunden, sodass sie wegen ihrer extremen Dünne<br />

und Riesenhaftigkeit nicht auseinanderfiel. Sie trug eine Girlande aus den<br />

Köpfen der Götter, Sonnen und Dämonen. Sie trug Ohrringe aus Schlangen.<br />

Nun hatte sie einen Arm und im nächsten Moment viele Arme, die sie auf<br />

dem Tanzboden umherwirbelte. Nun hatte sie einen Mund und im nächsten<br />

Moment viele Münder, und wieder etwas später überhaupt keinen mehr. Jetzt<br />

hatte sie einen Fuß, im nächsten Moment viele und dann wieder war sie ohne<br />

Füße. Aus all dem schlussfolgerte ich, dass sie Kālarātri sein musste (die<br />

Nacht des Todes). Die Heiligen nennen sie auch Kālī oder Bhagavatī.<br />

Sie besaß drei Augen wie Feuerschlünde. Sie hatte hohe Backenknochen<br />

und ein Kinn. Sie trug ein Halsband aus Sternen, die durch Luft zusammengehalten<br />

wurden. Mit ihren mächtigen Armen, deren Hände funkelnde und<br />

strahlende Nägel besaßen, erfüllte sie die Himmelsrichtungen. Ihr Atmen war<br />

so machtvoll, dass die größten Berge davon hinweggefegt werden konnten.<br />

Während des Tanzes schien ihr Körper enorm anzuschwellen. Während ich<br />

ihrem Tanz zuschaute, fertigte sie spielerisch aus Bergen eine Girlande für<br />

sich selbst. In den drei Teilen ihres Körpers (oberer, unterer und mittlerer)<br />

spiegelten sich die drei Welten. Städte, Wälder, Berge usw. wurden zu ebenso<br />

vielen Blumen, die sie sich als Girlande um den Körper wand.<br />

In ihren Gliedern befanden sich Städte und Dörfer, die Jahreszeiten, die drei<br />

Welten, die Monate und Tag und Nacht. Dharma und adharma wurden zu<br />

ihren Ohrringen. Die Veden waren ihre Brüste, die mit der Milch der höchsten<br />

Erkenntnis gefüllt waren. In ihren Händen hielt sie viele verschiedene Waffen.<br />

Die Haare ihres Körpers waren aus den vierzehn verschiedenen Wesenheiten<br />

wie den Göttern und allen anderen, gebildet. Alle diese Wesen mit ihren Städten<br />

und Dörfern tanzten zusammen mit ihr, entzückt von dem Gedanken an<br />

ihre eigene Wiedergeburt. Das gesamte Universum befand sich wegen ihres<br />

Tanzes in beständiger Bewegung – von einem anderen Gesichtspunkt aus<br />

wiederum befand sich alles natürlich fest in der Göttin verankert.<br />

Das ganze Universum spiegelte sich auf ihrem Körper wie in einem Spiegel<br />

wieder. Noch während ich zuschaute, erschien und verschwand es, erschien<br />

und verschwand es.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Was war dieser Tanz? Der Sternenhimmel drehte sich um sich selbst, die<br />

Berge drehten sich um sich selbst, und die Götter und Dämonen drehten sich<br />

um sich selbst – wie umherfliegende Moskitos. Der umherwirbelnde Himmelsraum<br />

sah aus wie ein flatterndes Kleid. Es war herrlich zu sehen, wie die<br />

riesigen Bäume (der Kalpa-Baum), welche nur Haare auf ihrem Körper waren,<br />

sich während ihres Tanzes drehten. Sie stiegen sozusagen zwischen<br />

Himmel und Erde auf und nieder.<br />

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