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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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wenn du noch Gefühle und Gedanken hast, aber das Ich oder der Ich-Sinn in<br />

dir aufhört, wirst du wie Raum sein, und es wird da Frieden geben. Es gibt<br />

Weise der Selbsterkenntnis, die in dieser Welt leben und tätig sind als wären<br />

sie gemeißelte Skulpturen. Ihre Tätigkeitsorgane funktionieren, doch die Welt<br />

ruft in ihrem Bewusstsein nicht die geringste Störung hervor. Wer hier wie<br />

Raum lebt (der von jeder in ihm vorgehenden Tätigkeit gänzlich unberührt<br />

bleibt), ist von jeder Bindung befreit.<br />

Wer dagegen seine feste Überzeugung von der Existenz der Vielfalt nicht<br />

aufgibt, den gibt der Kummer nicht auf. Wer glücklich mit jedem Kleid ist, in<br />

das man ihn kleidet, mit jeder Nahrung, mit der er gefüttert wird, und mit<br />

jedem Ruheplatz, der ihm angeboten wird, strahlt wie ein Weltherrscher.<br />

Obgleich er ein konditioniertes Leben zu führen scheint, ist er in Wahrheit<br />

unkonditioniert, denn innerlich ist er frei und leer. Obschon er tätig zu sein<br />

scheint, strebt er nicht, sondern funktioniert wie einer im Tiefschlaf. Da ist<br />

wahrhaftig kein Unterschied zwischen dem Unwissenden und dem Weisen<br />

(dem Wissenden) mit der Ausnahme, dass der letztere frei vom konditionierten<br />

Gemüt ist. Was dem konditionierten Gemüt als die Welt erscheint, wird<br />

vom Unkonditionierten als Brahman erachtet.<br />

Was auch immer hier als existierend erscheint, verdirbt und tritt erneut ins<br />

Dasein. Du dagegen, oh Rāma, bist das, was weder Geburt noch Todhat. Sobald<br />

die Selbsterkenntnis in dir aufgetaucht ist, verliert diese Welterscheinung<br />

ihre Macht, dich zu beeindrucken – so wie aus einem gerösteten Samen<br />

keine Pflanze mehr keimen kann. Ein solcher Mensch ruht im Selbst, ob er<br />

nun tätig oder untätig ist. Nur derjenige, in dem das Verlangen nach Vergnügen<br />

gänzlich aufgehört hat, erfährt höchsten Frieden, nicht aber derjenige,<br />

der den Frieden des Gemüts mit anderen Mitteln zu erlangen sucht.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Oh Rāma, erhebe dich, ohne Wunsch oder mentaler Voreingenommenheit<br />

und frei von mentaler Konditionierung, undgehe wie MaÇki in Richtung des<br />

höchsten Zustands.<br />

Dein Vorfahr Aja hatte mich zu einer religiösen Zeremonie eingeladen. Als<br />

ich vom Himmel; herabkam, um an dieser Feier teilzunehmen, betrat ich<br />

einen heißen, staubigen Urwald. Während ich meinen Weg durch diesen Wald<br />

suchte, hörte ich einen Wandererklagen: „Oh weh! So wie die Sonne alles<br />

verbrennt, so bringt die Gesellschaft mit den Gottlosen nichts als Kummer<br />

und Sünde hervor. Ich will zu dem Dorf da drüben gehen und mich etwas<br />

ausruhen.“<br />

Als er sich anschickte, zum nächsten Dorf zu gehen, sprach ich ihn an:<br />

„Willkommen, oh Wanderer, der du den richtigen Weg noch nicht gefunden<br />

hast! An diesem von Unwissenden bewohnten Ort findest du ebenso wenig<br />

ewige Zufriedenheit wie du deinen Durst nicht mit Salzwasser, das ihn nur<br />

noch verschlimmert, löschen kannst. Die Unwissenden wandern ziellos umher<br />

und wählen die falschen Wege. Sie befassen sich weder mit Selbst-<br />

VI.2:23<br />

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