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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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III:97<br />

Gemüt ist nichts als Wahrnehmung – und Wahrnehmung ist Bewegung im<br />

Bewusstsein. Der Ausdruck dieser Bewegung ist Handlung, und daraus erfolgen<br />

die Früchte. Das Gemüt ist eine Absicht, die im allmächtigen und unendlichen<br />

Bewusstsein auftaucht. Es (das Gemüt) steht sozusagen zwischen dem<br />

Wirklichen und dem Unwirklichen. Es steht aber der Fähigkeit des Verstehens<br />

nahe. Obschon nicht verschieden vom unendlichen Bewusstsein, denkt es, es<br />

sei verschieden. Obschon nicht-tätig, hält es sich selbst für tätig. Solcher Art<br />

ist das Gemüt, und diese seine Qualitäten sind von ihm selbst untrennbar. Auf<br />

dieselbe Weise sind auch der jīva und das Gemüt untrennbar.<br />

Woran auch immer das Gemüt denkt, das versuchen die Organe der Handlung<br />

sofort zu materialisieren – folglich ist das Gemüt nichts als Handlung.<br />

Jedoch sind Worte wie Gemüt, Intellekt, Ich-Sinn, individualisiertes Bewusstsein,<br />

Handlung, Einbildung, Geburt und Tod, latente Neigungen, Erkenntnis,<br />

Bemühung, Erinnerung, die Sinne, Natur, Māyā oder Illusion, Aktivität und<br />

andere Worte dieser Art nichts als Worte ohne eine dazugehörige Realität –<br />

die einzige Realität ist stets nur das unendliche Bewusstsein, in dem diese<br />

Konzepte als existierend wahrgenommen werden. Alle diese Konzepte sind<br />

aufgetaucht, als das unendliche Bewusstsein in einem Moment der Selbstvergessenheit<br />

aufgrund einer Koinzidenz (die Krähe, die die Kokosnuss gelöst<br />

hat) sich selbst als Objekt der Wahrnehmung erblickt hat.<br />

Wenn dann dasselbe Bewusstsein, verdunkelt von der Unwissenheit, in einem<br />

erregten Zustand Vielfalt wahrnimmt und Objekte zu identifizieren<br />

beginnt, dann nennt man dies das Gemüt. Das, was fest in der Überzeugung<br />

einer bestimmten Wahrnehmung verwurzelt ist, nennt man den Intellekt<br />

(bzw. den Verstand). Wenn er sich selbst unwissenderweise und<br />

närrischerweise als real existierendes, getrenntes Individuum betrachtet,<br />

dann wird dies Ich-Sinn genannt. Wenn es die beständige Erforschung aufgibt<br />

und sich selbst dem Spiel der zahllosen Gedanken, die kommen und gehen,<br />

hingibt, dann wird es als das individualisierte Bewusstsein (bzw. als das Spiel<br />

der Gedankenwellen) bezeichnet.<br />

Während die reine Bewegung im Bewusstsein karma oder Tun ohne einen<br />

unabhängigen Handelnden ist, so wird, sobald die Frucht dieser Handlung<br />

verfolgt wird, dies auch als karma, aber mit einem Handelnden, bezeichnet.<br />

Wenn das Bewusstsein in Verbindung mit etwas Gesehenem oder Ungesehenem<br />

die Wahrnehmung „Ich habe dies schon früher gesehen“ unterhält, wird<br />

es als Erinnerung bezeichnet. Wenn die Wirkungen vergangener Vergnügen<br />

im Feld des Bewusstseins verbleiben, obwohl die Wirkungen selbst nicht<br />

gesehen werden, dann wird dies als latente Neigungen (bzw. Potentialität)<br />

bezeichnet. Wenn es der Wahrheit bewusst ist, dass die Sichtweise der<br />

Getrenntheit das Ergebnis der Unwissenheit ist, wird es als Erkenntnis bezeichnet.<br />

Wenn es sich andererseits in die falsche Richtung bewegt, in Richtung<br />

vermehrter Selbstvergessenheit und tieferer Involviertheit in täuschende<br />

Phantasien, dann wird es als Unreinheit bezeichnet. Wenn es das innewohnende<br />

Selbst mit Sinnesempfindungen unterhält, dann wird es als die<br />

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