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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

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eigenen Gemahl? Aber es kann auch sein, dass mein Gatte nach all diesen<br />

Jahren der Askese sein Königreich und mich vergessen hat. In diesem Fall ist<br />

es gänzlich überflüssig, oh Gemüt, durch die Aussicht des Wiedersehens mit<br />

ihm in Erregung zu geraten! Ich werde das Gleichgewicht im Herzen meines<br />

Gemahls so wieder herstellen, dass er in sein Königreich zurückkehrt, wo wir<br />

dann zusammen eine lange Zeit glücklich leben werden. Das Entzücken, welches<br />

in einem Zustand vollkommenen inneren Gleichgewichts empfunden<br />

wird, ist jedem anderen Glück überlegen.“<br />

Während sie so dachte, erreichte Cū¬ālā den Mandara-Berg. Noch in der<br />

Luft befindlich, erblickte sie ihren Gemahl wie einen völlig Fremden, denn der<br />

König, der früher in königliche Gewänder gekleidet war, erschien nun als ein<br />

abgezehrter Asket. Cū¬ālā war erschüttert vom herzzerreißenden Anblick<br />

ihres Gatten, gekleidet in groben Stoff, mit verfilztem Haar, still und einsam<br />

und mit beträchtlich dunklerer Haut, als hätte er in einem Fluss voll Tinte<br />

gebadet. Einen Moment lang dachte sie: „Oh weh – dies ist wahrhaftig die<br />

Frucht der Torheit! Denn nur Toren gelangen in den Zustand, in dem der<br />

König ist. Sicherlich geschah es aufgrund seiner Täuschung, dass er sich hier<br />

in dieser Einsiedelei selbst abgeschlossen hat. Hier und jetzt werde ich ihm<br />

nun zur Erleuchtung verhelfen. Ich werde mich ihm in einer Verkleidung<br />

zeigen.“<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Da sie fürchtete, dass Áikhidhvaja aufs Neue ihre Unterweisung verspotten<br />

und sie immer noch für ein unwissendes Mädchen halten würde, verwandelte<br />

Cū¬ālā sich selbst in einen jungen, Brāhmanen Asketen und ließ sich direkt<br />

vor ihrem Gemahls nieder. Áikhidhvaja erblickte den jungen Asketen und war<br />

hoch erfreut. Beide schienen einander in ihrem spirituellen Glanz übertreffen<br />

zu wollen. Der junge Asket war in der Tat so unvergleichlich strahlend, dass<br />

Áikhidhvaja ihn für ein himmlisches Wesen hielt. Er brachte dem Asketen<br />

seine Verehrung entgegen. Cū¬ālā nahm die Verehrung an und bemerkte: „Ich<br />

habe die ganze Welt bereist, aber noch nie bin ich mit solcher Hingabe verehrt<br />

worden! Ich bewundere deine Ruhe und Entsagung. Du hast dich entschlossen,<br />

auf des Messers Schneide zu wandern, indem du dein Königreich<br />

aufgegeben und dich in die Waldeinsamkeit zurückgezogen hast.“<br />

Áikhidhvaja erwiderte: „Gewiss weißt du alles. Oh Sohn der Götter! Durch<br />

deinen bloßen Blick ergießt sich der Nektar über mich. Ich habe eine liebliche<br />

Ehefrau, die jetzt mein Königreich regiert, und du ähnelst ihr in gewisser<br />

Weise. Und die Blumen, die ich dir in Verehrung dargeboten habe, mögen sie<br />

gesegnet sein. Das Leben findet seine Erfüllung in der Verehrung der Gäste,<br />

die unerwartet eintreffen. Die Verehrung eines solchen Gastes ist sogar der<br />

Verehrung der Götter überlegen. Bitte sage mir, wer du bist und wie ich den<br />

Segen deines Besuches verdiene?“<br />

DER BRĀHMANE (CôÖĀLĀ) sprach:<br />

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