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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

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IV:37<br />

VASIåèHA erwiderte:<br />

Oh Rāma, dieses Universum existiert im unendlichen Bewusstsein wie die<br />

zukünftigen Wellen in einem stillen Meer existieren – nicht-verschieden in<br />

Wahrheit, jedoch mit der Potentialität einer scheinbaren Verschiedenheit.<br />

Das unendliche Bewusstsein ist unmanifestiert, obgleich allgegenwärtig wie<br />

Raum, der auch unmanifestiert ist und doch überall existiert. So wie man von<br />

der Widerspiegelung eines Objektes in einem Kristall nicht sagen könnte,<br />

dass sie gänzlich unwirklich oder gänzlich wirklich sei, so kann man dasselbe<br />

auch nicht von diesem Universum sagen, welches im unendlichen Bewusstsein<br />

widerspiegelt wird. Noch einmal: So wie Raum unberührt von den Wolken<br />

ist, die in ihm treiben, so ist dieses unendliche Bewusstsein unberührt<br />

und unangetastet von dem Universum, welches in ihm erscheint. Ebenso wie<br />

das Licht nur durch ein strahlenbrechendes Medium wahrgenommen werden<br />

kann, so wird das unendliche Bewusstsein durch das Medium dieser verschiedenen<br />

Körper enthüllt. Obwohl es in seinem Wesen namen- und formlos<br />

ist, werden seinen Reflektionen Namen und Formen zugeschrieben.<br />

Bewusstsein, das im Bewusstsein reflektiert wird, leuchtet als Bewusstsein<br />

und existiert als Bewusstsein. Für den Unwissenden jedoch (auch wenn dieser<br />

sich selbst für weise und vernünftig hält ) sieht es so aus, als ob da etwas<br />

in die Existenz getreten sei und daher etwas anderes als nur Bewusstsein<br />

existiert. Für den Unwissenden erscheint dieses Bewusstsein als die schreckenerregende<br />

Welterscheinung – für den Weisen dagegen erscheint dasselbe<br />

Bewusstsein als das eine Selbst. Dieses Bewusstsein allein ist das reine Erfahren<br />

– nur dank ihm scheint die Sonne, und alle Wesen erfreuen sich ihres<br />

Lebens hier.<br />

Dieses Bewusstsein ist weder erschaffen noch dem Vergehen unterworfen,<br />

es ist ewiglich. Die Welterscheinung wird ihm nur überlagert, so wie die<br />

Wellen in Beziehung zum Ozean. In diesem Bewusstsein taucht, sobald es sich<br />

in sich selbst reflektiert, die Vorstellung „Ich“ auf, die Anlass zum Erscheinen<br />

der Vielfalt gibt. Als Raum befähigt dasselbe Bewusstsein den Samen zu keimen,<br />

als Luft lockt es den Samen hervor, als Wasser nährt es ihn, als Erde gibt<br />

es ihm Festigkeit, und als Licht enthüllt das Bewusstsein selbst das neue<br />

Leben. Es ist das Bewusstsein in dem Samen selbst, das nach gebührender<br />

Zeit sich als Frucht manifestiert.<br />

Das Bewusstsein allein ist die verschiedenen Jahreszeiten mit ihren Eigenschaften.<br />

Es geschieht aufgrund dieses Bewusstseins, dass das gesamte Universum<br />

auf diese Weise existiert und dabei eine unendliche Anzahl Lebewesen<br />

unterhält bis zur Zeit der kosmischen Auflösung.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Und so kommt und geht diese Welterscheinung als die wahre Natur des<br />

unendlichen Bewusstseins. Nicht-verschieden vom unendlichen Bewusstsein<br />

weist diese Welterscheinung eine wechselseitige Beziehung mit diesem auf –<br />

es taucht in ihm auf, existiert in ihm und wird in ihm absorbiert. Obschon es<br />

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