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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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gänge bezieht. In derselben Weise wird auch hier das als göttliche Gnade<br />

bezeichnet, was den völligen Gleichmut und das Aufhören von Freude und<br />

Schmerz bewirkt. Göttliche Gnade, natürliche Ordnung und rechte Selbst-<br />

Bemühung beziehen sich alle auf dieselbe Wahrheit – die Unterscheidung<br />

rührt nur von falscher Wahrnehmung oder Illusion her.<br />

Was immer das Gemüt sich durch rechte Selbst-Bemühung ausdenkt, wird<br />

seine Früchte tragen, und sobald das Gemüt diese Früchte zu genießen beginnt,<br />

gibt es die Erfahrung der Freude usw. Das Gemüt ist der Täter – was<br />

immer es als die natürliche Ordnung (niyati) wahrnimmt, erschafft und erzeugt<br />

es. Das Gemüt ist auch in der Lage, sich gegen die natürliche Ordnung<br />

zu wenden, aber man kann auch sagen, dass es der Urheber der natürlichen<br />

Ordnung ist.<br />

So wie der Wind sich im Raume bewegt, so funktioniert der jīva (die individuelle<br />

Seele) in dieser Welt, indem er tut, was der natürlichen Ordnung entspricht,<br />

auch wenn diese Aktionen selbstsüchtig oder egoistisch erscheinen.<br />

Veranlasst durch die Natur scheint er still zu stehen oder sich zu bewegen –<br />

was beides nur Eindrücke oder falsche Überlagerungen sind, wie die vom<br />

Wind bewegten Wipfel der Bäume auf einem Berg den Eindruck vermitteln,<br />

dass der Gipfel selbst schwankt.<br />

So lange es daher das Gemüt gibt, gibt es weder Gott noch eine natürliche<br />

Ordnung – hat das Gemüt dagegen aufgehört, kann sein, was ist!<br />

BALI fragte:<br />

Hoher Herr, teile mir mit, wie ich das Nicht-Verlangen nach Vergnügen fest<br />

in meinem Herzen verankern kann.<br />

VIROCANA erwiderte:<br />

Mein Sohn, die Selbsterkenntnis ist die Kletterpflanze, deren Früchte das<br />

Nicht-Verlangen nach Vergnügen sind. Nur wenn das Selbst erkannt wird,<br />

kann sich die höchste Form der Leidenschaftslosigkeit fest im eigenen Herzen<br />

verwurzeln. Man sollte daher beständig das Selbst betrachten durch intelligente<br />

Erforschung und auf diese Weise gleichzeitig das Verlangen nach Vergnügen<br />

aufgeben.<br />

Solange das Gemüt noch unerweckt ist, sollte man zwei Viertel des Gemüts<br />

mit der Freude am Vergnügen beschäftigen, ein Viertel mit dem Studium der<br />

Schriften und das restliche Viertel mit dem Dienst für den Guru. Wenn das<br />

Gemüt teilweise erweckt ist, dann werden zwei Viertel dem Dienen des Gurus<br />

gewidmet und die anderen erhalten jeweils ein Viertel. Wenn das Gemüt dann<br />

voll erwacht ist, werden zwei Viertel wieder dem Dienen des Gurus gewidmet,<br />

während die anderen beiden Viertel sich mit dem Studium der Schriften<br />

befassen; dabei pflege man als ständigen Begleiter die Leidenschaftslosigkeit.<br />

VIROCANA fuhr fort:<br />

Nur wer von Güte erfüllt ist, ist qualifiziert, die Darlegung der höchsten<br />

Weisheit zu hören. Daher sollte man stets danach streben, sein Gemüt mit<br />

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