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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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geboren. Der Unwissende strebt nach der Wohlfahrt des Körpers, aber nicht<br />

nach dem Selbst. Sei nicht wie dieser, o Rāma, sondern sei weise.<br />

Zur Illustration dieser Worte werde ich dir nun eine interessante Legende<br />

erzählen. In einem Land namens Magadha, das über eine Vielzahl von herrlichen<br />

Gärten verfügte, lebte ein Weiser namens DÃÓÆra. Er war mit atemraubenden<br />

Bußübungen beschäftigt. Er war ein großer Asket, der keinerlei Interesse<br />

an weltlichen Freuden hatte. Außerdem war er gelehrt.<br />

Er war der Sohn des Weisen Áaraloma. Das Unglück wollte es, dass er beide<br />

Eltern verlor, als er noch klein war. Die Gottheiten des Waldes bedauerten den<br />

Waisenknaben, der untröstlich in seinem Schmerz war. Sie sagten zu ihm:<br />

„Oh weiser Knabe! Du bist der Sohn eines Weisen – weshalb weinst du wie<br />

in unwissender Tor? Kennst du nicht die flüchtige Natur dieser Welterscheinung?<br />

Dies ist, oh Junge, die eigentliche Natur dieser Welterscheinung: Dinge<br />

entstehen, existieren eine Weile und werden dann vernichtet. Alle Wesen, die<br />

hier erscheinen (vom relativen Standpunkt aus) – sie alle sind dem unvermeidlichen<br />

Ende unterworfen (und sollte es sich bei dem Wesen sogar um<br />

Brahmā, den Schöpfer, handeln). Keinerlei Zweifel besteht hierüber. Gräme<br />

dich daher nicht über den unvermeidlichen Tod deiner Eltern.“<br />

Der Kummer des Jungen war damit etwas erleichtert. Er erhob sich und<br />

führte die Begräbnisriten für seine Eltern aus. Dann begann er ein streng<br />

religiöses Leben zu führen, in dem er sich selbst auf allen Seiten mit Vorschriften<br />

wie: „dies ist zu tun“ und „das ist zu vermeiden“ begrenzte. Da er die<br />

Wahrheit noch nicht erkannt hatte, war er gänzlich gefangen in der Ausübung<br />

der Rituale mit ihren endlosen Geboten und Verboten. All dies erzeugte in<br />

ihm das Empfinden, dass die ganze Welt voller Unreinheiten sei. Daher suchte<br />

er nach einem Ort ohne Unreinheiten. Der Wipfel eines Baumes! – so entschied<br />

er. Und mit diesem Wunsch, im Wipfel eines Baumes zu leben, führte<br />

er einen heiligen Ritus aus, während dem er ein Stück seines eigenen Fleisches<br />

abschnitt und im heiligen Feuer opferte. Bald darauf erschien die Feuer-Gottheit<br />

höchstpersönlich vor ihm und verkündete: „Du wirst den Wunsch,<br />

der in deinem Herzen aufgetaucht ist, bald erfüllt sehen.“<br />

Das Feuer verschwand, nachdem es die Verehrung des Asketen entgegengenommen<br />

hatte.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Der Weise sah nun vor sich einen riesigen Kadamba-Baum von majestätischem<br />

Aussehen. Mit seinen Händen (Blättern) schien er die Tränen (Regentropfen)<br />

seines geliebten Firmamentes zu trocknen. Er füllte mit seinen tausenden<br />

von Armen (Ästen) gänzlich den Raum zwischen Himmel und Erde<br />

aus und stand wie die kosmische Gestalt des Herrn selbst da – mit Sonne und<br />

Mond als Augen. Überladen mit Blüten, regnete er diese auf die heiligen und<br />

göttlichen Weisen herab, die den Himmel durchquerten. Die Bienen, die ihn<br />

bewohnten, sangen den Weisen ihren Willkommensgruß. (Die detaillierte<br />

Beschreibung dieses Baumes ist graphisch und wunderschön. — S.V.)<br />

IV:49,<br />

50,51<br />

209

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