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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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In Persien gab es einen König namens Parigha, der ein enger Freund des<br />

Königs Suraghu war. Einmal gab es im Königreich von Parigha eine große<br />

Hungersnot. Entsetzlich gequält und ins Herz getroffen angesichts der Leiden<br />

seines Volkes und erkennend, dass alle Versuche, Linderung zu bringen, erfolglos<br />

blieben, ging Parigha ohne Wissen seines Volkes fort in den Wald und<br />

führte Askesepraktiken aus. Er lebte von trockenen Blättern und bekam so<br />

den Namen Parïāda. Nach tausend Jahren der Buße und Kontemplation<br />

erlangte er die Selbsterkenntnis. Anschließend durchwanderte er die drei<br />

Welten.<br />

Eines Tages traf er den König Suraghu, den er schon früher gekannt hatte.<br />

Die beiden erleuchteten Könige verehrten einander nach Gebühr. Dann fragte<br />

PARIGHA Suraghu: „So wie du die Selbsterkenntnis durch den Weisen<br />

Māï¬avya erlangt hast, so erhielt ich sie durch die Gnade des Herrn aufgrund<br />

meiner Bußübungen. Bitte sage mir: Befindet sich dein Gemüt nun in vollkommener<br />

Stille? Leben deine Untertanen in Frieden und Wohlstand? Bist du<br />

nun fest in der Leidenschaftslosigkeit verankert?“<br />

SURAGHU erwiderte:<br />

Wer könnte wirklich den Lauf des göttlichen Willens verstehen? Du und ich<br />

waren durch eine so große Entfernung voneinander getrennt, aber nun wurden<br />

wir zusammengebracht. Was ist unmöglich für das Göttliche? Wahrhaftig<br />

sind wir durch deine heilige Anwesenheit gesegnet. Durch deine Gegenwart<br />

in unserer aller Mitte wurden wir alle Sünden und Fehler los, und nun fühle<br />

ich, wie der ganze Reichtum der Erde vor uns steht in deiner Gestalt. Die<br />

Gemeinschaft mit heiligen und guten Menschen ist in der Tat dem höchsten<br />

Zustand der Befreiung gleichzusetzen.<br />

PARIGHA sagte:<br />

Oh König, nur Handlungen, die von jemanden, der fest im Gleichmut verankert<br />

ist, ausgeführt werden, geben Anlass zur Freude, jedoch nicht diejenigen<br />

anderer. Bist du in diesem Zustand des höchsten Friedens gefestigt, in dem<br />

keinerlei Gedanken oder Ideen in deinem Gemüt auftauchen und der als<br />

samādhi bezeichnet wird?<br />

SURAGHU sagte:<br />

Heiliger Herr, bitte sage mir: Weshalb wird nur der Zustand des Gemüts, der<br />

frei von Gedanken und Ideen ist, samādhi genannt? Würde das Gemüt desjenigen,<br />

der die Wahrheit kennt, jemals den Zustand des samādhi verlieren, ob<br />

er sich nun in ständiger Tätigkeit oder in Kontemplation befindet? Nein. Die<br />

Erleuchteten befinden sich für immer im samādhi, auch wenn sie mit Tätigkeiten<br />

in der Welt befasst sind. Andererseits befindet sich das Gemüt eines<br />

Menschen, der bloß in der Lotosposition sitzt, nicht einfach nur deshalb im<br />

Frieden.<br />

Die Erkenntnis der Wahrheit, Hoher Herr, ist das Feuer, das die Hoffnungen<br />

und Wünsche wie trockenes Stroh verbrennt, und eben das ist mit dem Wort<br />

samādhi gemeint – nicht einfach nur das Stillschweigen! Man bezeichnet das<br />

V:62,63<br />

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