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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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VI.1:124,<br />

125<br />

RĀMA fragte:<br />

Bitte beschreibe den Zustand von turīya, der den Wach-, Traum- und Tiefschlafzustand<br />

durchzieht, ohne als solcher erkannt zu werden.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Der Zustand, der rein und gelassen ist, der ohne Ich-Sinn und ohne Nicht-<br />

Ich-Sinn ist, ohne Reales und Irreales und frei, der wird Turya (der vierte<br />

Zustand) genannt. Es ist der Zustand des befreiten Weisen. Es ist das ununterbrochene<br />

Zeugenbewusstsein. Er ist verschieden von den Wach- und<br />

Traumzuständen, die durch Gedankenbewegungen gekennzeichnet sind; er<br />

ist verschieden vom Tiefschlafzustand, der durch Trägheit und Unwissenheit<br />

gekennzeichnet ist. Wenn der Ich-Sinn aufgegeben wird, kommt der Zustand<br />

des vollkommenen Gleichgewichts zum Vorschein, in dem turīya sich selbst<br />

manifestiert.<br />

Ich erzähle nun ein Gleichnis, und wenn du dieses hörst, wirst du erleuchtet<br />

werden, auch wenn du bereits erleuchtet bist! In einem gewissen Wald gab es<br />

einen außergewöhnlichen Weisen. Ein Jäger, ging zu ihm und fragte: „Oh<br />

Weiser, ein Hirsch, verwundet von meinem Pfeil, muss hier durchgekommen<br />

sein. Sage mir, in welche Richtung er ging.“ Der Weise erwiderte: „Wir sind<br />

heilige Männer, die diesen Wald bewohnen. Unsere Natur ist Friede. Wir sind<br />

frei vom Ich-Sinn. Der Ich-Sinn und das Gemüt, die die Tätigkeiten der Sinne<br />

ermöglicht haben, sind zu einem Stillstand gekommen. Ich weiß nicht mehr,<br />

was man als Wachen, Traum und Tiefschlaf bezeichnet. Ich bin verankert im<br />

turīya. In diesem Zustand gibt es keinerlei Objekte zu sehen!“ Der Jäger vermochte<br />

die Bedeutung der Worte des Weisen nicht zu erfassen und ging seines<br />

Weges.<br />

So habe ich dir zu verstehen gegeben, oh Rāma, dass es nichts als turīya<br />

gibt. Turīya ist unmodifiziertes Bewusstsein, und das ist alles, was existiert.<br />

Wachen, Träumen und Schlafen sind Zustände des Gemüts. Hören sie auf,<br />

stirbt das Gemüt. Dann existiert nur noch satva – was die Yogis zu erlangen<br />

trachten.<br />

Und darin besteht das Ergebnis aller Schriften: In Wahrheit gibt es weder<br />

Avidyā (Unwissenheit) noch Māyā; Brahman allein existiert. Manche nennen<br />

dies Leerheit, andere reines Bewusstsein, wieder andere den Höchsten<br />

Herrn. Darüber streiten sie sich dann untereinander. Gib alle diese Ideen auf.<br />

Ruhe im nirvāņa ohne Gedankenbewegung, mit einem weitgehend „geschwächten“<br />

Gemüt und und friedlicher Intelligenz. Ruhe im Selbst, als ob du<br />

taub, stumm und blind wärest. Im Innern gib alles auf und befasse dich im<br />

Außen mit angemessenen Handlungen. Es ist die Existenz des Gemüts, die<br />

Glück, und es ist die Existenz des Gemüts, die Unglück entstehen lässt. Lass all<br />

dieses einfach vergehen, indem du dein Gemüt unbeachtet lässt. Verbleibe<br />

unberührt von dem, was anziehend und nicht-anziehend ist. Allein schon<br />

durch diese Eigenbemühung wird saæsāra überwunden! Indem du Vergnügen<br />

und Schmerz und alles Dazwischenliegende nicht mehr wahrnimmst,<br />

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