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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

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V:16<br />

möglich, die stärkste Fessel der Welt zu brechen, aber die Fessel des Verlangens<br />

ist nur sehr schwer zu brechen.<br />

Gib daher, o Rāma, das Verlangen auf, indem du das Denken oder Konzeptualisieren<br />

aufgibst. Das Gemüt kann ohne Denken oder Konzeptualisierung<br />

nicht existieren. Lass als erstes die Bilder von „ ich“, „du“ und „dies“ nicht im<br />

Gemüt erscheinen, weil es aufgrund dieser Bilder geschieht, dass Hoffnungen<br />

und Erwartungen entstehen. Wenn du dich enthalten kannst, solche Bilder zu<br />

erzeugen, dann wirst du ebenfalls als ein Mann der Weisheit angesehen.<br />

Verlangen ist nicht verschieden vom Ich-Sinn. Der Ich-Sinn wiederum ist die<br />

Quelle aller Sünden. Durchhaue die Wurzel dieses Ich-Sinnes mit dem<br />

Schwert der Weisheit des Nicht-Egos. Sei frei von der Furcht.<br />

RùMA sprach:<br />

Hoher Herr, du gibst mir die Anweisung, den Ich-Sinn aufzugeben und das<br />

Verlangen, welches diesen entstehen lässt. Wenn ich den Ich-Sinn aufgebe,<br />

werde ich mit Sicherheit auch diesen Körper aufgeben und alles, was auf dem<br />

Ich-Sinn basiert. Denn der Körper und die Lebenskräfte gründen sich auf dem<br />

Ich-Sinn. Wenn die Wurzel (der Ich-Sinn) durchhauen ist, wird auch der<br />

Baum (der Körper usw.) fallen. Wie ist es für mich möglich, den Ich-Sinn<br />

aufzugeben und trotzdem weiterzuleben?<br />

VASIåèHA erwiderte:<br />

Rāma! Das Aufgeben aller Vorstellungen, Konditionierungen und der Konzeptualisierung<br />

wird allgemein als bestehend aus zwei Arten beschrieben:<br />

Die eine gründet auf der Erkenntnis oder direkter Erfahrung, und die zweite<br />

auf Kontemplation. Ich werde dir diese beiden nun detailliert erläutern.<br />

Zunächst sollte man sich der eigenen falschen Vorstellung bewusst werden,<br />

die darin besteht zu glauben: „Ich gehöre zu den Objekten in dieser Welt, und<br />

mein Leben hängt von ihnen ab. Ohne sie kann ich nicht leben, und auch sie<br />

können nicht ohne mich leben“. Durch tiefgründige Erforschung kontempliere<br />

man dann wie folgt: „Weder gehöre ich zu diesen Objekten noch gehören<br />

diese Objekte zu mir“. Indem man auf diese Weise mit Hilfe intensiver Kontemplation<br />

den Ich-Sinn aufgibt, soll man außerdem ganz zwanglos die Handlungen<br />

ausführen, die auf natürliche Weise geschehen, wobei aber Herz und<br />

Verstand stets kühl und ruhig bleiben. Dieses Aufgeben des Ich-Sinnes und<br />

der Konditionierung wird die kontemplative Egolosigkeit genannt.<br />

Gibt es dagegen die Erkenntnis oder direkte Erfahrung der nicht-dualen<br />

Wahrheit, dann gibt man den Ich-Sinn und die Konditionierung auf und unterhält<br />

in Bezug auf den Körper kein Gefühl von „dies ist mein“. Dies wird die<br />

direkte Realisation der Egolosigkeit genannt.<br />

Der ist schon im Leben befreit, der auf zwanglose Weise mit Hilfe der kontemplativen<br />

Methode den Ich-Sinn aufgibt. Wer ferner seinen Ich-Sinn mit<br />

Hilfe der direkten Erfahrung an der Wurzel ausreißt, ist im Gleichmut fest<br />

verankert – er ist befreit. Janaka und andere wie er folgen der kontemplativen<br />

Methode. Wieder andere, die die direkte Erfahrung der Egolosigkeit haben,<br />

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