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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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Was man als Befreiung bezeichnet, oh Rāma, ist in Wahrheit das absolute<br />

Selbst, welches allein ist. Was man hier als ‚Ich‘, ‚Du’ usw., wahrnimmt, scheint<br />

nur zu existieren; tatsächlich wurde es niemals erschaffen. Wie können wir<br />

sagen, dass Brahman zu all diesen Welten geworden sei?<br />

Oh Rāma, in Schmuckstücken sehe ich nichts als Gold, in Wellen sehe ich<br />

nichts als Wasser, in Luft sehe ich nichts als Bewegung, im Raum sehe ich nur<br />

Leere, in der Luftspiegelung sehe ich nur Hitze und nichts anderes. Und ebenso<br />

sehe ich stets nur Brahman, das Absolute – nicht aber die Welten.<br />

Der Gedanke der ‚Welten’ ist nichts als anfangslose Unwissenheit. Durch die<br />

Erforschung der Wahrheit jedoch verschwindet sie schließlich. Es hört nur<br />

das auf, was in die Existenz getreten ist. Diese Welt ist niemals wirklich in die<br />

Existenz getreten, erscheint aber weiterhin. Die Darlegung dieser Wahrheit<br />

ist in diesem Kapitel über die Weltentstehung enthalten.<br />

Als die kosmische Auflösung stattfand, verschwand alles, was zuvor erschienen<br />

war. Das Unendliche allein verblieb. Und dieses war weder Leerheit<br />

noch Form, weder das Sehen noch das Gesehene. Niemand vermag zu sagen,<br />

ob es gewesen oder nicht gewesen ist. Es hat keine Ohren, keine Augen, keine<br />

Zunge – und doch hört, sieht und schmeckt es. Es ist unverursacht und<br />

unerschaffen. Es ist die Ursache von allem, wie Wasser die Ursache von Wellen<br />

ist. Dieses unendliche und ewigliche Licht ist in den Herzen aller und in<br />

seinem Licht erstrahlen die drei Welten wie eine Luftspiegelung.<br />

Wenn das Unendliche zu vibrieren beginnt, scheinen all diese Welten aufzutauchen;<br />

wenn es aufhört zu vibrieren, dann scheinen alle Welten unterzugehen.<br />

Wenn eine brennende Fackel im Kreise herumgewirbelt wird, dann<br />

erscheint ein Feuerkreis; wenn sie stillgehalten wird, verschwindet der Feuerkreis.<br />

Vibrierend oder nicht vibrierend – Es ist stets dasselbe überall und<br />

zu allen Zeiten. Wer dies nicht erkennt, ist der Täuschung unterworfen; wird<br />

es dagegen erkannt, dann hören alle Ängste auf.<br />

Aus Ihm kommt die Zeit – aus Ihm stammt die Wahrnehmung des wahrnehmbaren<br />

Objekts. Tätigkeit, Gestalt, Geschmack, Geruch, Klang, Berührung<br />

und Denken – alles was du weißt, ist nur Es allein. Und Es ist das, wodurch du<br />

all dieses kennst! Es lebt im Seher, im Sehen und im Gesehenen als das eigentliche<br />

Sehen – wenn du dieses kennst, dann erkennst du dein Selbst.<br />

RùMA sagte:<br />

Heiliger Herr, wie kann man vom Ihm sagen, es sei nicht leer, es könne nicht<br />

beleuchtet werden, und es sei nicht dunkel (unerkennbar)? Du verwirrst<br />

mich mit solchen widersprüchlichen Aussagen!<br />

VASIåèHA erwiderte:<br />

Rāma, du stellst unreife Fragen. Ich werde dich jedoch über die korrekte<br />

Bedeutung aufklären.<br />

So wie das nicht herausgehauene Bildnis auf ewig im Stein enthalten ist, so<br />

ist auch diese Welt, ob sie nun als wirklich oder unwirklich betrachtet wird,<br />

III:10<br />

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