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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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die einmal erlangte Selbsterkenntnis nicht wieder verloren. Kann denn jemand<br />

die vom Baum gefallene Frucht wieder an ihren alten Platz setzen?<br />

Der Kenner der Wahrheit betrachtet selbst die schönste Frau wie ein gemaltes<br />

Bild, was auch der Wahrheit entspricht, denn beide bestehen aus denselben<br />

Substanzen (Erde und Wasser usw.) Wenn einmal die Wahrheit gesehen<br />

wird, dann taucht der Wunsch zu besitzen nicht länger im Herzen auf. So wie<br />

eine Frau, die einen Liebhaber hat, ihrer Hausarbeit nachgeht und dabei<br />

beständig an den Liebhaber denkt, so ist auch der Weise in dieser Welt tätig,<br />

während sein Bewusstsein ständig in der Wahrheit fest verankert ist. In beiden<br />

Fällen wäre es unmöglich, dieses Verhalten zu verhindern – d.h., die Frau<br />

den Liebhaber oder den Weisen die Wahrheit vergessen zu machen.<br />

Der erleuchtete Weise weiß, dass dieses Selbst nicht stirbt, wenn der Körper<br />

stirbt; nicht weint, wenn die Augen Tränen vergießen; nicht verbrannt<br />

wird, wenn der Körper verbrannt wird; nicht verloren ist, wenn alles verloren<br />

ist. Was immer ihm widerfährt, ob er nun mittellos oder wohlhabend ist, ob<br />

er in einem Palast wohnt oder im Wald – stets ist er im Innern unberührt.<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Sehr viele dieser befreiten Weisen leben im Universum, oh Rāma. Ich werde<br />

dir nur einige wenige Beispiele dafür geben: Janaka der Kaiser, dein eigener<br />

Ahn, der Kaiser Dilīpa, Manu, der erste Regent der Welt, der Kaiser Māndhātā,<br />

der viele Kriege führte, die Dämonenkönige Bali, NamÆci, V­tra (der sogar mit<br />

Indra, dem König der Götter, focht), Prahlāda und Saæbara, die Lehrer der<br />

Götter und Dämonen, wie auch die Trinität (die mit der Schöpfung, Erhaltung<br />

und Auflösung des Universums befasst ist), Weise wie Viśvāmitra und Nārada<br />

als auch die Gottheiten, die über die natürlichen Elemente wie Feuer und Luft<br />

herrschen.<br />

Es gibt noch tausende, oh Rāma, die im Universum existieren und befreit<br />

sind. Einige von ihnen sind Weise, andere sind Könige, manche wiederum<br />

erstrahlen als Sterne und Planeten, wieder andere sind Gottheiten oder Dämonen.<br />

Oh Rāma, befreite Wesen gibt es sogar unter Würmern und Insekten,<br />

so wie es närrische Dummköpfe unter den Göttern gibt. Das Selbst ist in allen<br />

– es existiert als alles überall alle Zeit und auf alle Arten. Das Selbst allein ist<br />

der Höchste Herr und alle Gottheiten. Es gibt Leere (Raum) in den Substanzen<br />

und Substantialität in der Leere oder im Raum. Was ungeeignet ist, erscheint<br />

im Verlauf der Ergründung als geeignet. Die Menschen sind rechtschaffen,<br />

weil sie die Folgen der Sünde fürchten. Sogar was nicht ist, führt<br />

schließlich zu dem, was ist: Die Kontemplation von Raum oder Leere führt<br />

zur Erlangung der höchsten Wahrheit! Was nicht ist, tritt ins Dasein, geleitet<br />

von Raum und Zeit. Was stark und mächtig ist, geht nur seiner eigenen Zerstörung<br />

entgegen. Gib, oh Rāma, auf diese Weise betrachtend, Freude und<br />

Sorge, Trauer und Anhaftung auf. Das Unwirkliche erscheint als wirklich und<br />

das Wirkliche als unwirklich – gib daher Hoffnung als auch Hoffnungslosigkeit<br />

auf und erlange den Gleichmut.<br />

V:75<br />

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