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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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VI.1:78<br />

Oh Weiser, wie ist es möglich, dass das Paar, welches als Gemahl und Gemahlin<br />

zusammenlebte, wiederum als Gemahl und Gemahlin in einem späteren<br />

Zeitalter wiedergeboren werden konnte?<br />

VASIåèHA erwiderte:<br />

So ist die subtile Natur der Weltordnung, oh Rāma. Einige Dinge erscheinen<br />

im Überfluss und manifestieren sich erneut im Überfluss. Andere wiederum<br />

werden jetzt geboren und waren vorher niemals da; und hier seiend, werden<br />

sie nicht wiedergeboren. Wieder andere erscheinen heute in derselben Form,<br />

in der sie schon früher existiert haben. Es ist wie mit den Wellen des Ozeans –<br />

es gibt ähnliche und unähnliche.<br />

Im Mālva-Königreich gab es einen König namens Áikhidhvaja. Er besaß alle<br />

königlichen, vortrefflichen Eigenschaften! Er war rechtschaffen und edel,<br />

tapfer und liebenswürdig. Sehr früh im Leben hatte er seinen Vater verloren.<br />

Obgleich jung an Jahren, konnte er seine königliche Souveränität behaupten.<br />

Unterstützt wurde er bei der Regierung seines Königreiches von seinen tüchtigen<br />

Ministern.<br />

Es wurde Frühling. Die Luft war geschwängert von Liebesverlangen. Der<br />

junge König begann von einer Partnerin zu träumen. Tag und Nacht verlangte<br />

sein Herz nach der Geliebten. Die klugen und weisen Minister erahnten die<br />

Wünsche des königlichen Herzens. Sie gingen in das Saurāstra-Königreich<br />

und hielten für ihren König um die Hand einer Prinzessin an. Schon bald<br />

konnte der König Áikhidhvaja Cū¬ālā heiraten.<br />

Áikhidhvaja und Cū¬ālā waren einander so sehr zugetan, dass sie wie ein<br />

jīva mit zwei verschiedenen Körpern waren. Viele gemeinsame Interessen<br />

teilten sie miteinander, und sie vergnügten sich zusammen in den Lustgärten.<br />

So wie die Sonne ihre Strahlen auf den Lotos herabsendet, so dass er sich<br />

entfalten kann, so überschüttete der König seine Geliebte mit seiner Liebe<br />

und las ihr jeden Wunsch von den Augen ab.<br />

Sie teilten ihr Wissen und ihre Weisheit miteinander und erlangten so in<br />

allen Zweigen des Wissens große Gelehrtheit. Jeder wohnte in vollem Glanz<br />

im Herzen des andern. Es schien fast so, als wäre Lord Vi«ïu mit seiner Gemahlin<br />

selbst auf die Erde herabgekommen, um hier eine besondere Mission<br />

zu erfüllen!<br />

VASIåèHA fuhr fort:<br />

Auf diese Weise erfreuten sich Áikhidhvaja und Cū¬ālā viele Jahre lang, ohne<br />

auch nur einen einzigen Augenblick Langeweile zu empfinden. Jedoch<br />

vermag niemand den Lauf der Zeit anzuhalten. Das Leben erscheint und<br />

verschwindet wie der Trick eines Taschenspielers. Das Vergnügen, welches<br />

man verfolgt, gerät wie der von der Sehne geschnellte Pfeil rasch außer<br />

Sichtweite. Die Sorgen umwölken das Gemüt, wie Geier den Kadaver umkreisen.<br />

„Was gibt es in dieser Welt zu erlangen, das niemals mehr Sorgen im<br />

Gemüt entstehen lässt?“ Nachdem es auf diese Weise nachgedacht hatte,<br />

wandte sich das königliche Paar dem Studium der spirituellen Schriften zu.<br />

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