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Yoga Vasistha

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama. Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

Das Yoga Vasistha, eines der bedeutendsten Werke indischer Philosophie, ist ein Lehrgespräch zwichen dem legendären Rishi Vasishtha und dem Königssohn Rama.

Deutsche Übersetzung von Clemens Vargas Ramos.

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chen Vergleich gibt es zwischen einer Halluzination, die für die kurze Dauer<br />

eines Traums besteht, und derjenigen, die eine ganze Lebenszeit lang mit all<br />

den verschiedenen Erfahrungen eines Stammesangehörigen besteht? Und<br />

wiederum – wie können wir das, was in einer Halluzination und das, was „vor<br />

unseren Augen“ gesehen wird, miteinander vergleichen? Was davon wäre als<br />

wahrhaft unwirklich, und was als etwas zu bezeichnen, das sich einer tatsächlichen<br />

Verwandlung unterzogen hat? Ich versichere dir daher, oh Rāma, dass<br />

diese kosmische Illusion das unvorsichtige Gemüt in endlose Schwierigkeiten<br />

hineinzieht.<br />

RùMA fragte: Aber, oh Hoher Herr, kann man dieses Rad der kosmischen<br />

Illusion anhalten, welches sich mit dieser unwiderstehlichen Gewalt dreht<br />

und dreht?<br />

VASIåèHA erwiderte:<br />

Oh Rāma, das Gemüt ist die Nabe, um die herum sich dieser böse Zyklus<br />

bewegt und Illusionen in den Gemütern der Irregeführten erzeugt. Es geschieht<br />

nur durch entschlossenes Bremsen dieser Nabe durch intensive Eigenbemühung<br />

und kühne Intelligenz, dass das gesamte Rad schließlich zum<br />

Stillstand gebracht wird. Sobald die Bewegung der Nabe angehalten ist, dreht<br />

sich auch das Rad nicht mehr – ist das Gemüt einmal gestillt, dann hört es<br />

einfach auf. Wer diesen Trick nicht kennt und ihn nicht praktiziert, ist endlosem<br />

Kummer unterworfen. Wird jedoch die Wahrheit erkannt – siehe da! –<br />

dann gelangt der Kummer an sein Ende.<br />

Die Krankheit der Wahrnehmung dieser Weltillusion wird nur geheilt, wenn<br />

das Gemüt gemeistert ist; das ist die einzige Arznei. Daher, oh Rāma, gib alle<br />

anderen Aktivitäten wie Pilgerreisen, Geschenke und Wohltätigkeit auf und<br />

bringe das Gemüt unter deine Kontrolle, zu deinem eigenen Besten. Diese<br />

Welterscheinung lebt im Gemüt wie der Raum in einem Topf – wenn der Topf<br />

zerbricht, verschwindet die illusorische Erscheinung einer Teilung des Raumes,<br />

und auf dieselbe Weise verschwindet das Konzept einer Welt, sobald das<br />

Gemüt aufhört zu sein. So wie ein Insekt, das in einem Topf gefangen ist, seine<br />

Bewegungsfreiheit nach dem Zerbrechen des Topfes wiedererlangt, so wirst<br />

du dich deiner Freiheit erfreuen, wenn das Gemüt zusammen mit der darin<br />

enthaltenen Weltillusion nicht länger besteht.<br />

Lebe in der Gegenwart – mit einem Bewusstsein, das sich momentweise<br />

und mühelos den äußeren Objekten zuwendet. Sobald das Gemüt damit aufhört,<br />

sich an die Vergangenheit und die Zukunft zu binden, wird es zum Nicht-<br />

Gemüt. Wenn dein Gemüt von Augenblick zu Augenblick nur kurz bei dem<br />

verbleibt, was gerade ist und es dann ohne Anstrengung gleich wieder beiseitelegt,<br />

dann wird das Gemüt zum Nicht-Gemüt – voller Reinheit. Nur so lange<br />

das Gemüt im Zustand der Erregtheit verweilt, erfährt es die Vielfalt seiner<br />

eigenen Projektionen oder seiner Erweiterung – so wie der Regen nur so<br />

lange fällt, wie da Wolken sind. Und nur so lange das unendliche Bewusstsein<br />

sich selbst auf das endliche Gemüt begrenzt, findet diese Erregtheit und Erweiterung<br />

überhaupt statt. Wenn das unendliche Bewusstsein aufhört, das<br />

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