24.01.2013 Aufrufe

Klenke Wahrscheinlichkeitstheorie

Klenke Wahrscheinlichkeitstheorie

Klenke Wahrscheinlichkeitstheorie

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

92 4 Das Integral<br />

Beispiel 4.22 (Petersburger Spiel). Wir wollen durch ein Beispiel zeigen, dass auf<br />

die Voraussetzung der Existenz einer integrierbaren Minorante im Lemma von Fatou<br />

nicht verzichtet werden kann. Wir betrachten ein Glücksspiel in einem Casino,<br />

bei dem in jeder Runde ein vom Spieler gewählter Einsatz entweder verdoppelt<br />

zurückgezahlt wird oder verloren geht. Dies ist etwa beim Roulette der Fall, wo der<br />

Spieler zum Beispiel auf Rot“ setzen kann. Kommt eine rote Zahl, so gewinnt der<br />

”<br />

Spieler seinen Einsatz verdoppelt zurück, ansonsten verliert er ihn. Es gibt 37 Felder,<br />

von denen 18 rot sind und 18 schwarz, sowie die Null, die grün ist. Die Gewinnchance<br />

sollte also p = 18 1<br />

37 < 2 betragen. Dieses Glücksspiel werde unendlich oft unabhängig<br />

hintereinander ausgeführt. Wir können es also auf einem Wahrscheinlichkeitsraum<br />

(Ω,A, P) realisieren, wobei (Ω = {−1, 1} N , A =(2 {−1,1} ) ⊗N die von<br />

den Zylindern [ω1,...,ωn] erzeugte σ-Algebra ist und P =((1−p)δ−1 + pδ1) ⊗N<br />

das Produktmaß. Wir bezeichnen mit Dn : Ω →{−1, 1}, ω ↦→ ωn das Ergebnis der<br />

n-ten Runde für jedes n ∈ N. Macht der Spieler in der n-ten Runde den (zufälligen)<br />

Einsatz Hn, so beträgt die Summe der Gewinne nach der n-ten Runde<br />

n�<br />

Sn = HnDn.<br />

i=1<br />

Wir nehmen nun an, dass der Spieler die folgende Strategie verfolgt: In der ersten<br />

Runde ist der Einsatz H1 =1. Gewinnt er, so setzt er in den folgenden Spielen gar<br />

nicht mehr, also ist Hn =0für jedes n ≥ 2, falls D1 =1. Verliert er hingegen, so<br />

setzt er in der zweiten Runde den doppelten Einsatz, also ist H2 =2, falls D1 = −1.<br />

Gibt die zweite Runde einen Gewinn, so setzt er ab der dritten Runde gar nicht<br />

mehr, andernfalls verdoppelt er wiederum seinen Einsatz in der dritten Runde und<br />

so weiter. Wir erhalten also als Strategie<br />

�<br />

0, falls es ein i ∈{1,...,n− 1} gibt mit Di =1,<br />

Hn =<br />

2n−1 , sonst.<br />

Man beachte, dass Hn nur von D1,...,Dn−1 abhängt, also messbar ist bezüglich<br />

σ(D1,...,Dn−1). Dies ist offenbar ein wichtige Forderung an jede Spielstrategie,<br />

da man die Entscheidung über den Einsatz aufgrund der vorhandenen Kenntnis zum<br />

jeweiligen Zeitpunkt treffen muss und nicht in die Zukunft blicken kann.<br />

Die Wahrscheinlichkeit, dass bis zum Zeitpunkt n kein Spiel gewonnen wurde ist<br />

(1 − p) n , also ist P[Sn =1−2n ]=(1−p) n und P[Sn =1]=1− (1 − p) n .Man<br />

erwartet also im Mittel einen Gewinn von<br />

�<br />

Sn dP =(1−p) n (1 − 2 n )+(1− (1 − p) n )=1− � 2(1− p) �n ≤ 0,<br />

da p ≤ 1<br />

2 ist (in den profitablen Spielbanken). Wir setzen nun<br />

�<br />

−∞, falls − 1=D1 = D2 = ...,<br />

S =<br />

1, sonst.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!