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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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3.1. MOTIVATION 81<br />

3.1 Motivation<br />

Abbildung 3.1: Funktion<br />

als Input–Output-<br />

Maschine (links), als Zuordnungsvorschrift<br />

(Mitte)<br />

und als Funktionsgraph<br />

(rechts)<br />

§ 316 <strong>Physik</strong> ist eine empirische Wissenschaft: 1 ein durch eher beiläufige Beobachtung als<br />

interessant identifiziertes Phänomen, z.B. ein Polarlicht, wird nicht nur qualitativ sondern<br />

auch quantitativ untersucht. Dazu gehört die Messung verschiedener Parameter, z.B. wie<br />

Höhe, Helligkeit und Farbe. Die so bestimmten Messwerte werden in Tabellen zusammen<br />

gefasst und/oder graphisch dargestellt und im Rahmen bestehender Modelle interpretiert<br />

oder als Basis zur Entwicklung neuer Theorien verwendet.<br />

§ 317 Auch der nicht geowissenschaftlich orientierte Experimentalphysiker produziert derartige<br />

Tabellen und Graphen: im Laborexperiment lässt sich wohl definiert die Abhängigkeit<br />

einer physikalischen Größe von einer anderen messen, z.B. die Abhängigkeit des durch einen<br />

Widerstand fließenden Stroms von der angelegten Spannung oder die Abhängigkeit des Austrittswinkels<br />

des Lichts aus einem Prisma von der Wellenlänge. Eine Größe kann dabei als<br />

die unabhängige Variable x betrachtet werden (beim Widerstand wäre das die vorgegebene<br />

Spannung u), die andere Messgröße y entspricht der abhängigen Variablen y(x) (beim<br />

Widerstand der Strom i).<br />

§ 318 Datensammlung ist der erste Schritt in der <strong>Physik</strong>, die Pflichtübung; die anschließende<br />

Dateninterpretation und sich daraus ergebend die Entwicklung von Modellen zur Beschreibung<br />

der Realität dagegen ist das eigentlich Spannende, die Kür. Und wie vorgehen? Ein<br />

Bild soll angeblich mehr als tausend Worte sagen. Für einen <strong><strong>Physik</strong>er</strong> sagt ein mathematisch<br />

beschreibbarer Zusammenhang wie das Ohm’sche Gesetz dagegen mehr als tausend i(u)-<br />

Diagramme verschiedener Widerstände. Und diese mathematischen Zusammenhänge werden<br />

durch Funktionen vermittelt.<br />

§ 319 Mit diesem Hintergrund der Beschreibung experimenteller Beobachtungen werden<br />

Funktionen manchmal als Input–Output-Relation betrachtet, vgl. linkes Teilbild von Abb. 3.1:<br />

das Experiment ist eine black-box, in die ein Input x hinein gesteckt wird und aus der ein<br />

Output f(x) heraus kommt. Die Funktionsweise dieser black-box ist nun zu beschreiben: was<br />

macht sie mit einem Input, um daraus den Output zu erzeugen? Und die Funktionsweise<br />

wird mit Hilfe einer Funktion prägnant beschrieben.<br />

1 Dieser Abschnitt soll nicht alle Methoden der <strong>Physik</strong> darstellen sondern motivieren, warum Funktionen<br />

in der <strong>Physik</strong> benötigt werden. Daher diese sehr eingeschränkte Formulierung. Wesentlich fundiertere Ideen<br />

haben z.B. Klassiker der Wissenschaftstheorie wie Kuhn [32] oder Merton [40] oder stärker auf die <strong>Physik</strong><br />

bezogen in Flügge [11] und einigen Kapiteln in Lüscher und Jodl’s ‘<strong>Physik</strong> einmal anders’. Eine humorvolle<br />

Einführung in diese als Theorien bezeichneten ‘Lügen für Studierende’ geben Ian Stewart und Jack Cohen in<br />

[52] – die wissenschaftstheoretisch fundiertere Betrachtung genau dieser Probleme moderner Wissenschaft im<br />

Spannungsfeld zwischen unsicherem, sich entwickelnden Wissen und Verkauf desselben an die Öffentlichkeit<br />

und Forschungsförderer findet sich z.B. bei Siu [68]. Den zugänglichsten Einblick in die Funktionsweise von<br />

<strong>Physik</strong> geben vielleicht die Autobiographien einiger <strong><strong>Physik</strong>er</strong>, wie z.B. Feynman’s verschiedene Bücher [8, 9,<br />

10] oder Weisskopf [74].<br />

c○ M.-B. Kallenrode 13. März 2007

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