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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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1.6. MATHEMATISCHE ERGÄNZUNG 37<br />

1.6.4 Pythagoras revisited<br />

§ 175 Damit können wir eine formalere Variante zum Beweis unseres Eingangsproblems<br />

betrachten. Im Dreieck lässt sich eine Seite vektoriell als die Summe der anderen beiden<br />

Seiten darstellen: ⃗c = ⃗a + ⃗ b mit ⃗c als der Hypothenuse und den Vektoren ⃗a und ⃗ b als den<br />

Katheten. Quadrieren liefert ⃗c 2 = ⃗a 2 +2⃗a·⃗b+ ⃗ b 2 oder c 2 = a 2 +b 2 +2⃗a·⃗b. Im rechtwinkligen<br />

Dreieck ist ⃗a ⊥ ⃗ b, also α = π 2 , und damit ⃗a ·⃗b = 0, womit Pythagoras c 2 = a 2 + b 2 bewiesen<br />

ist.<br />

1.6.5 Nicht-geometrische Anwendungen<br />

§ 176 Alle geometrischen Erläuterungen zu Vektorräumen sind auf R n mit n ≤ 3 beschränkt.<br />

Die Erweiterung dieser geometrischen Konzepte auf Vektorräume höherer Dimension ist nicht<br />

sinnvoll; 15 Vektorräume höherer Dimensionen werden eingeführt, um Systeme zu beschreiben,<br />

deren Eigenschaften den Axiomen eines Vektorraums gehorchen und deren Objekte als<br />

Elemente im R n darstellbar sind.<br />

Polynome<br />

§ 177 Betrachten wir die Menge aller Polynome vom Grad n:<br />

n∑<br />

P (a 0 , . . . , a n )(x) = a 0 x 0 + a 1 x 1 + . . . + a n x n = a i x i a i ∈ R .<br />

Addition zweier Polynome gibt ein Polynom – und zwar eines, dass wieder im R n enthalten<br />

ist. Desgleichen gilt für die Multiplikation mit einem Skalar. Auch die anderen Axiome aus<br />

Def. 10 sind erfüllt, d.h. die Polynome bilden einen Vektorraum. Die Basis ist der minimale<br />

Satz von Vektoren der erforderlich ist, um alle Vektoren des Vektorraums darzustellen. Eine<br />

einfache Wahl ist<br />

⃗e 1 = x 0 , ⃗e 2 = x 1 , . . . , ⃗e n+1 = x n .<br />

Die Komponenten eines jeden Polynoms sind eindeutig durch die Koeffizienten (a 0 , a 1 , . . . , a n )<br />

bestimmt, d.h. die Menge der Polynome n-ter Ordnung ist ein Vektorraum R n+1 . Damit<br />

gelten alle Regeln, die im R n+1 gelten, auch für Polynome n-ter Ordnung. Die Lösungen eines<br />

Polynoms P (x) = 0 bilden jedoch keinen Vektorraum: ist x 0 eine Lösung, d.h. P (x 0 ) = 0, so<br />

gilt im Allgemeinen nicht P (λx 0 ) = 0.<br />

§ 178 Lässt sich auch in einem derartigen Vektorraum ein Abstand definieren, für den es Sinn<br />

machen würde, ein Skalarprodukt einzuführen? Der entscheidende Punkt ist, wie beim Euklidischen<br />

Skalarprodukt, die Auswahl der Basen {x 0 , . . . , x n } und die Definition der Beziehung<br />

x i · x j für alle i, j = 0, . . . , n. Die Standardantwort x i+j ist in diesem Fall nicht sinnvoll: zum<br />

einen sind die x i Vektoren und keine Skalare, zum anderen hat x i+j für i + j > n keinerlei<br />

Bedeutung. In Anlehnung an das Euklidische Skalarprodukt muss aus den beiden Vektoren<br />

x i und x j eine reelle Zahl erzeugt werden. Eine Methode ist die Integration. Dazu definieren<br />

wir probeweise das Skalarprodukt der Basisvektoren<br />

x i · x j =<br />

∫ B<br />

A<br />

x i+j dx .<br />

15 Zum Ende des 19. Jahrhunderts gab es verschiedentlich Versuche, Probleme bei der Vorstellung höherer<br />

Dimensionen zu illustrieren, in dem man Flächenwesen plötzlich mit einem dreidimensionalen Besucher (also<br />

einem, aus einer höheren, für ein Flächenwesen nicht vorstellbaren Dimension) konfrontiert. Bekanntestes<br />

Beispiel ist E.A. Abbott’s Flatland (1884), spätere Varianten sind z.B. ‘Silvestergespräche eines Sechsecks’<br />

von D. Burger oder ‘Flacherland’ von I. Stewart (2003). Alle diese Bücher enthalten auch eine gehörige<br />

Portion Gesellschafts- und/oder Wissenschaftskritik – insbesondere Stewart geht einerseits bis zu Feynman-<br />

Diagrammen und Superstrings, lässt aber auch immer wieder durchblicken, wie Realitätsfern diese formalen<br />

Konstrukte sind.<br />

i=0<br />

c○ M.-B. Kallenrode 13. März 2007

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