12.02.2014 Aufrufe

Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

284 KAPITEL 7. GEWÖHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN<br />

N 0 = 500 Teilchen (verrauschte Kurven) im Vergleich zur analytischen Lösung (grüne Kurve).<br />

Offensichtlich liegen trotz der recht geringen Zahl von Teilchen alle simulierten Kurven N(t)<br />

nahe an der analytischen Lösung. Eine größere Genauigkeit ergäbe sich durch Erhöhung der<br />

Teilchenzahl – und damit auch Erhöhung der Rechenzeit.<br />

§ 1067 Der Nachteil der Monte Carlo Simulation ist damit offensichtlich: sie ist aufwendig,<br />

da eine große Zahl von Teilchen durch eine große Zahl kleiner Zeitschritte verfolgt werden<br />

muss. Und dann ergibt sich noch nicht einmal die exakte Lösung, wie aus dem linken Teil<br />

von Abb. 7.21 ersichtlich. Bietet die Monte Carlo Simulation also irgendeinen Vorteil? Dieser<br />

liegt genau in der Abweichung der einzelnen Lösungen von der analytischen Lösung und<br />

reflektiert die statistische Natur des zu Grunde liegenden physikalischen Prozess. Die analytische<br />

Lösung gibt den Mittelwert einer großen Zahl möglicher Ergebnisse dieses Versuches.<br />

Jedes Ergebnis einer Monte Carlo Simulation gibt eine dieser möglichen Realitäten. Daher<br />

geben erst die kombinierten Ergebnisse einer Vielzahl von Monte Carlo Simulationen eine<br />

Annäherung an das mittlere Ergebnis und damit die analytische Lösung. Mehrere Monte<br />

Carlo Simulationen liefern nicht nur den erwarteten Mittelwert sondern auch die Streuung<br />

der Einzeleregebnisse um diesen Erwartungswert, siehe rechtes Teilbild in Abb. 7.21. Der<br />

zusätzliche Rechenaufwand der Monte Carlo Simulation liefert also zusätzliche Information.<br />

Daher hängt es von der Fragestellung ab, ob eine Monte Carlo Simulation oder ein schnelleres<br />

konventionelles numerisches Verfahren wie Euler oder Leapfrog angemessener ist.<br />

Verständnisfrage 15 Wir haben hier eine Monte Carlo Simulation auf einen statistischen<br />

Prozess angewandt und Vor- und Nachteile diskutiert. Was ist bei Anwendung auf einen<br />

streng deterministischen Prozess (z.B. Bewegung von Elektronen in einem homogene Magnetfeld)<br />

anders? Ist dort eine Monte Carlo Simulation überhaupt hilfreich?<br />

7.9.7 Mathematische Anmerkungen<br />

§ 1068 Bisher haben wir numerische Lösungen gewöhnlicher Differentialgleichungen auf eine<br />

anschauliche Art betrachtet. Wir haben uns auf DGLs erster Ordnung beschränkt, um<br />

Probleme bei der Diskretisierung höherer Ableitungen zu vermeiden, und keine Angaben zur<br />

Stabilität oder Genauigkeit der Verfahren gemacht. In diesem Abschnitt sollen diese formalen<br />

Aspekte nachgeliefert werden.<br />

Diskretisierung<br />

§ 1069 Diskretisierung kann formal über die Taylor Entwicklung des Differentialquotienten<br />

hergeleitet werden. Dazu wird die Ausgangsfunktion an der Stelle x i entwickelt:<br />

u k+1 = f(x k+1 ) = f(x k + h) = f(x k ) + h f ′ (x k ) + h2<br />

2! f ′′ (x k ) + h3<br />

3! f ′′′ (x k ) + O(h 4 ) .<br />

Mit f(x k ) = u k lässt sich dies schreiben als<br />

u k+1 − u k<br />

h<br />

= f ′ (x k ) + h 2! f ′′ (x k ) + h2<br />

3! f ′′′ (x k ) + O(h 4 ) . (7.48)<br />

Für h → 0 ist die linke Seite die Definition der Ableitung und kann daher als finite Differenzen<br />

Annäherung an die Ableitung f ′ (x k ) gelesen werden. Der führende Term des Fehlers ist<br />

hf ′′ (x k )/2! = O(h); er ist von erster Ordnung in h. Daher wird eine derartige Diskretisierung<br />

auch als “genau von erster Ordnung” bezeichnet. Das Schema wird als Vorwärts Schema<br />

bezeichnet; es entspricht der Art von Diskretisierung, die wir auch anschaulich verwendet<br />

haben.<br />

§ 1070 Ersetzen wir h durch −h, so ergibt sich ein Rückwärts Schema. Taylor Entwicklung<br />

liefert<br />

u k−1 = f(x k−1 ) = f(x k − h) = f(x k ) − h f ′ (x k ) + h2<br />

2! f ′′ (x k ) − h3<br />

3! f ′′′ (x k ) + O(h 4 )<br />

13. März 2007 c○ M.-B. Kallenrode

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!