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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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230 KAPITEL 7. GEWÖHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN<br />

mit v 0 als der Integrationskonstanten aus dem ersten Integrationsschritt und s 0 als Integrationskonstante<br />

des zweiten Integrationsschritts.<br />

§ 884 Probieren wir es mit anderen Kräften. Eine von der Geschwindigkeit abhängige Kraft<br />

ist die Reibungskraft −βv mit β als dem Reibungskoeffizienten. Die Differentialgleichung für<br />

die Geschwindigkeit ist<br />

m ˙v = −βv oder ˙v = −δv mit δ = β/m .<br />

Diese Differentialgleichung ist formal identisch mit der des radioaktiven Zerfall (7.1). Dann<br />

muss auch in diesem aus einem ganz anderen Bereich stammenden physikalischen Problem<br />

die Lösung eine Exponentialfunktion sein, d.h. die Geschwindigkeit nimmt mit der Zeit ab<br />

gemäß<br />

v(t) = v 0 e −δt .<br />

§ 885 Stellt man bei der verzögerten Bewegung nicht die DGL für die Geschwindigkeit sondern<br />

die für den Ort auf, so ergibt sich<br />

mẍ = −βv .<br />

Hierbei handelt es sich um eine Differentialgleichung zweiter Ordnung, jedoch lässt sie sich<br />

im Gegensatz zu (7.2) nicht direkt integrieren, da die rechte Seite keine Konstante ist sondern<br />

ihrerseits wieder von t abhängt:<br />

mẍ = −βv(t) = −βẋ . (7.3)<br />

Diese DGL verknüpft die erste und zweite Ableitung einer Funktion miteinander ohne die<br />

Funktion zu enthalten. Zur Lösung empfiehlt sich Substitution von ẋ = v und dann weiter<br />

wie bei der Lösung der DGL für die Geschwindigkeit. Allerdings muss jetzt in einem zweiter<br />

Schritt die Substitution ẋ = v durch Integration rückgängig gemacht werden:<br />

∫<br />

ẋ = v 0 e −γt ⇒ x(t) = v 0 e −γt dt = −γv 0 e −γt + x 0 .<br />

§ 886 Als dritte Kraft wählen wir die Rückstellkraft einer Feder −kx. Einsetzen in die Bewegungsgleichung<br />

liefert<br />

mẍ = −kx oder ẍ = −ω 2 0x mit ω 2 0 = k/m .<br />

Hierbei handelt es sich um eine Differentialgleichung zweiter Ordnung, da neben der Funktion<br />

die zweite Ableitung der Funktion auftritt. Im Gegensatz zu (7.3) lässt sich diese DGL auch<br />

nicht auf eine DGL erster Ordnung reduzieren.<br />

§ 887 Die DGL ẍ = −ω 2 0x besagt, dass die zweite Ableitung der gesuchten Funktion wieder<br />

diese Funktion ergibt, allerdings mit negativem Vorzeichen. Dieses Verhalten zeigen die<br />

Winkelfunktionen Sinus und Kosinus. An Hand der DGL alleine ist es nicht möglich, einer<br />

der beiden Funktionen den Vorzug zu geben, die allgemeine Lösung ist daher die Summe<br />

x(t) = A sin(ωt) + B cos(ωt) .<br />

Darin sind A und B Integrationskonstanten: da bei einer DGL zweiter Ordnung zweimal<br />

integriert wird, gibt es zwei Integrationskonstanten wie bereits am Beispiel in § 883 deutlich<br />

wurde. Diese Integrationskonstanten lassen sich aus den Anfangsbedingungen bestimmen.<br />

<strong>Physik</strong>alisch ist die Lösung durch Winkelfunktionen ebenfalls sinnvoll, da eine Masse an<br />

einer Feder ein Federpendel bildet. Die Bewegung ist also periodisch, wie auch die Winkelfunktionen.<br />

§ 888 Die Bewegungsgleichung enthält auf der rechten Seite alle auf den Körper wirkenden<br />

Kräfte. Das sind bei einem senkrecht hängenden Federpendel neben der Rückstellkraft −kx<br />

auch die Gravitationskraft −mg und die Reibungskraft −βv, so dass sich eine DGL der Form<br />

mẍ = −kx − βv − mg<br />

ergibt. Die Lösungen dieser DGL lassen sich nicht so leicht erraten; allerdings gibt es einfache<br />

Lösungsverfahren derartiger DGLs. Diese werden im Verlauf des Kapitels vorgestellt.<br />

13. März 2007 c○ M.-B. Kallenrode

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