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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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212 KAPITEL 6. KOMPLEXE ZAHLEN<br />

§ 826 Auch der Körper der reellen Zahlen R erfüllt alle obigen Kriterien. Der Unterschied<br />

zwischen den beiden Körpern betrifft die Möglichkeit der Anordnung der Zahlen: die reellen<br />

Zahlen sind geordnet, d.h. zwei beliebige Zahlen lassen sich durch eine der drei Relationen<br />

oder = ordnen. Die reellen Zahlen bilden daher einen geordneten Körper. Für komplexe<br />

Zahlen lässt sich zwar Gleichheit feststellen, die Relationen < und > sind jedoch nicht<br />

definiert. C bildet daher zwar einen Körper jedoch keinen geordneten Körper.<br />

6.4.4 Komplexe Zahlen ohne imaginäre Zahl<br />

§ 827 In der <strong>Mathematik</strong> gibt es eine algebraische Darstellungsweise komplexer Zahlen als<br />

geordnete Paare reeller Zahlen, die die Verwendung der imaginären Einheit überflüssig macht.<br />

Dadurch sind etwaige Einwände gegen die Bedeutung oder eher die mangelnde Bedeutung<br />

von √ −1 aus dem Weg geräumt.<br />

§ 828 Für jedes Paar geordneter Zahlen (x, y) ∈ C gelten zwei Verknüpfungen mit den<br />

folgenden Eigenschaften:<br />

• Addition:<br />

(x 1 , y 1 ) + (x 2 , y 2 ) = (x 1 + x 2 , y 1 + y 2 ) (6.15)<br />

• Multiplikation:<br />

(x 1 , y 1 ) × (x 2 , y 2 ) = (x 1 x 2 − y 1 y 2 , x 1 y 2 + y 1 x 2 ) . (6.16)<br />

Bei der Addition (6.15) erkennen wir (6.5) wieder, lediglich die imaginäre Einheit muss nicht<br />

mit geschrieben werden; bei der Multiplikation erkennen wir (6.6). 8 Aus zwei fundamentalen<br />

komplexen Zahlen, (1, 0) und (0, 1) lassen sich durch Addition und Multiplikation mit einem<br />

Skalar alle komplexen Zahlen darstellen:<br />

(a, b) = a · (1, 0) + b · (0, 1) .<br />

§ 829 Die fragwürdige Gleichung i 2 = −1 lässt sich in dieser Notation elegant umgehen:<br />

i 2 = −1 → (0, 1) × (0, 1) = (−1, 0) .<br />

Daraus ergibt sich eine einfache geometrische Interpretation der Multiplikation, wie bereits<br />

im Zusammenhang mit der Multiplikation in Polarform erwähnt. Die einfache Multiplikation<br />

von (x, y) ∈ Z mit (−1, 0) ergibt nach Multiplikationsregel (6.16)<br />

(−1, 0) × (x, y) = (−x, −y) .<br />

Die Multiplikation mit (−1, 0) entspricht geometrisch einer Drehung um π um den Ursprung.<br />

Wegen (0, 1) × (0, 1) = (−1, 0) kann die Multiplikation mit (−1, 0) auch als eine Multiplikation<br />

mit (0, 1) gefolgt von einer Multiplikation mit (0, 1) interpretiert werden. Auch diese<br />

beschreiben jeweils eine Drehung; also liegt es nahe, dass die Multiplikation mit (0, 1) einer<br />

Drehung um π/2 entspricht.<br />

§ 830 Die in (6.7) eingeführte Definition des Betrages lässt sich damit ebenfalls geometrisch<br />

veranschaulichen. Die komplexe Zahl (r, φ) wird durch Multiplikation mit (r, −φ) um den<br />

Winkel −φ gedreht, so dass sie auf die reelle Achse fällt. Außerdem wird sie um den Faktor<br />

r gestreckt, so dass sie den Betrag r 2 hat.<br />

8 Die Multiplikationsregel bestätigt nochmals, das wir komplexe Zahlen nicht als Vektoren auffassen sollten:<br />

zwar entspricht die Additionsregel (6.15) der Vektorsumme, in der Multiplikationsregel steckt jedoch weder<br />

das Skalar- noch das Vektorprodukt, nicht einmal das dyadische Produkt.<br />

13. März 2007 c○ M.-B. Kallenrode

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