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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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7.2. ÜBERSICHT 233<br />

Integrationskonstanten und Anfangsbedingungen<br />

§ 901 Integrationskonstanten sind vom unbestimmten Integral bekannt. Ist bei der Integration<br />

ein Punkt bekannt, durch den die Funktion verläuft, so lässt sich die Integrationskonstante<br />

eindeutig bestimmen. Entsprechendes gilt bei einer Differentialgleichung. Aus der allgemeinen<br />

Lösung der DGL kann eine spezielle oder partikuläre Lösung bestimmt werden durch<br />

Berücksichtigung der Anfangs- oder Randbedingungen. Da für jede der Integrationskonstanten<br />

eine eigene Anfangs- oder Randbedingung benötigt wird, müssen zur Bestimmung einer<br />

partikulären Lösung einer gewöhnlichen DGL n ter Ordnung n Anfangs- oder Randbedingungen<br />

gegeben sein. So ist die allgemeine Lösung der Zerfallsgleichung N(t) = c e −λt mit c als<br />

der Integrationskonstanten. Ist für die Zeit t 0 die Zahl N 0 der Atome bekannt, o lässt sich<br />

die Integrationskonstante c aus dieser Anfangsbedingung N(t 0 ) = N 0 eindeutig bestimmen<br />

und wir erhalten die für diese Anfangsbedingungen spezielle Lösung der DGL.<br />

§ 902 Bei einem Anfangswertproblem bzw. einer Anfangswertaufgabe werden der Lösungsfunktion<br />

x = x(t) insgesamt n-Werte, nämlich der Funktionswert sowie die Werte der n − 1<br />

Ableitungen an einer Stelle t 0 vorgeschrieben: x(t 0 ), ẋ(t 0 ), ẍ(t 0 ), ..., x (n−1) (t 0 ). Anschaulich<br />

geben diese Anfangswertbedingungen bei einer Differentialgleichung erster Ordnung einen<br />

Punkt (t 0 , x(t 0 )), durch den die Kurve verläuft, bzw. bei einer DGL zweiter Ordnung einen<br />

Punkt und die Steigung in diesem Punkt. Anfangsbedingungen beschreiben einen speziellen<br />

Zustand des Systems; mit der DGL werden die Regeln zur Beschreibung der weiteren<br />

Entwicklung des Systems vorgegeben.<br />

§ 903 Bei einem Randwertproblem bzw. einer Randwertaufgabe werden der gesuchten speziellen<br />

Lösung y(x) einer Differentialgleichung n ter Ordnung an n verschiedenen Stellen x 1 ,<br />

x 2 , ..., x n die Funktionswerte y(x 1 ), y(x 2 ), ..., y(x n ) vorgeschrieben. Sie werden als Randwerte<br />

oder Randbedingungen bezeichnet. <strong>Physik</strong>alische Beispiele sind ein an einem Ende<br />

eingespannter Stab oder die Auflagepunkte einer Brücke auf ihren Trägern. In diesen Kapiteln<br />

werden wir es mit Anfangsbedingungen zu tun haben, Randbedingungen werden uns im<br />

Zusammenhang mit partiellen Differentialgleichungen in Kap. 11 begegnen.<br />

7.2.2 Ordnung im Zoo<br />

§ 904 Differentialgleichungen werden nicht nur nach ihrer Ordnung klassifiziert sondern auch<br />

nach weiteren Gesichtspunkten. Da es für verschiedenen Tyten von DGLs unterschiedliche<br />

Lösungsverfahren gibt, muss eine DGL vor einem Lösungsversuch genau klassifiziert werden.<br />

Dazu stellen Sie die folgenden Fragen an die DGL:<br />

• handelt es sich um eine lineare DGL oder nicht? Für letzteren Fall werden Sie mit diesem<br />

Skript nicht weiter kommen, aber für lineare DGLs sollten Sie hier zumindest für den<br />

Anfang ein hinreichendes Rüstzeug finden.<br />

• sind die Koeffizienten der DGL konstant oder sind es Funktionen der unabhängigen Variablen?<br />

Für konstante Koeffizienten sind die Lösungsverfahren einfach (Separation der<br />

Variablen oder Exponentialansatz); für nicht konstante Koeffizienten werdenwir Lösungen<br />

nur für wenige Spezialfälle betrachten.<br />

• handelt es sich um eine gewöhnliche oder eine partielle DGL? Für gewöhnliche DGLs ist<br />

dieses Kapitel zuständig, für partielle dagegen Kap. 11.<br />

• welche Ordnung hat die DGL? Diese richtet sich nach der höchsten auftretenden Ableitung.<br />

DGLs erster Ordnung werden in Abschn. 7.3 behandelt, DGLs zweiter Ordnung in<br />

Abschn. 7.4. Höhere Ordnungen werden nicht behandelt – allerdings treten diese in den<br />

ersten Semestern in einer <strong>Physik</strong>-Vorlesung normalerweise nicht auf.<br />

• handelt es sich um eine homogene oder um eine inhomogene DGL? In jedem Fall ist die<br />

homogene DGL zu lösen; handelt es sich um eine inhomogene DGL, so ist zusätzlich eine<br />

spezielle Lösung für den inhomogenen Teil zu finden (Abschn. 7.3.2 und 7.5.3).<br />

c○ M.-B. Kallenrode 13. März 2007

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