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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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8.2. RECHENTECHNIK 309<br />

Vektoren und Vektorräumen schon einmal begegnet: Geraden als die Grundgrößen geometrischer<br />

Konstruktionen lassen sich durch eine lineare Gleichung darstellen; Vektoren sind die<br />

Grundbausteine einer Geraden. In Abschn. 1.6.5 haben wir ferner gesehen, dass sich die wesentlichen<br />

Konzepte eines Vektorraums wie Linearität, Basen und das Superpositionsprinzip<br />

auch auf nicht vektorielle Größen übertragen lassen, u.a. auf Differentialgleichungen. Daher<br />

lassen sich nicht nur Systeme linearer Gleichungen sondern auch Systeme gekoppelter<br />

Differentialgleichungen mit Hilfe von Matrizen lösen.<br />

§ 1143 Was beschreibt ein System gekoppelter Differentialgleichungen? Wo in der <strong>Physik</strong><br />

ergibt sich ein solches? Als einfache Beispiele für Differentialgleichungen haben wir in Kap. 7<br />

den radioaktiven Zerfall und das Federpendel hinreichend strapaziert. Die Differentialgleichung<br />

beschreibt dabei jeweils die Entwicklung des Systems. Beide Beispiele bieten aber<br />

auch ein geeignetes Umfeld für Systeme gekoppelter Differentialgleichungen.<br />

§ 1144 Wenn eine DGL die Entwicklung des Systems beschreibt, dann können zwei DGLs<br />

die Entwicklung zweier Systeme beschreiben. So lässt sich die Bewegung von zwei Federpendeln<br />

durch die DGLs ẍ 1 + ω 2 1x 1 = 0 und ẍ 2 + ω 2 2x 2 = 0 beschrieben. Mathematisch<br />

handelt es sich dabei um zwei voneinander unabhängige Differentialgleichungen, die jeweils<br />

einzeln gelöst werden können: die Bewegung des einen Federpendels beeinflusst die des anderen<br />

nicht. Verbinden wir beide Pendel durch eine weitere Feder oder einen Faden. <strong>Physik</strong>alisch<br />

ist dann einsichtig, dass die Bewegung des einen Pendels die des anderen beeinflusst: Pendel<br />

1 übt eine, während der Bewegung veränderliche, Kraft auf Pendel 2 aus und umgekehrt.<br />

Dadurch ergibt sich in den Bewegungsgleichungen ein zusätzlicher Term f(x 1 , x 2 , K), der<br />

von den Positionen x 1 und x 2 der beiden Massen abhängt sowie von einer Kopplungskonstanten<br />

K. Die beiden Bewegungsgleichungen sind dann ẍ 1 + ω 2 1x 1 + f(x 1 , x 2 , K) = 0 und<br />

ẍ 2 + ω 2 2x 2 − f(x 1 , x 2 , K) = 0. Diese Gleichungen sind nicht unabhängig von einander: die<br />

DGL für x 1 enthält auf Grund des Kopplungsterms die Koordinaten x 2 und umgekehrt. Daher<br />

können die DGLs nicht mehr unabhängig von einander gelöst werden sondern müssen<br />

wie die Gleichungen eines konventionellen linearen Gleichungssystems gemeinsam gleichzeitig<br />

werden.<br />

§ 1145 Betrachten wir als zweites Beispiel eine radioaktive Substanz, die nicht in ein stabiles<br />

Isotop zerfällt sondern Bestandteil einer Zerfallskette ist: das beim Zerfall entstehende<br />

Tochterisotop zerfällt weiter. Wenn es für das Ausgangsisotop keine weiteren Quellen gibt,<br />

so lässt sich dessen Zerfall durch die normale Zerfallsgleichung beschreiben. Auch der Zerfall<br />

des Tochterisotops wird durch eine Zerfallsgleichung mit entsprechender Zerfallskonstante<br />

beschrieben. Jedoch muss in dieser Gleichung zusätzlich eine Quelle berücksichtigt werden,<br />

nämlich die Erzeugung des Tochterisotops durch den Zerfall des Ausgangsisotops:<br />

Ṅ 1 = −λ 1 N 1 und Ṅ 2 = −λ 2 N 2 + λ 1 N 1 .<br />

Der zweite Summand der zweiten Gleichung beschreibt diese Kopplung mathematisch.<br />

§ 1146 Ein System derartiger gekoppelter linearer Gleichungen lässt sich genauso lösen, wie<br />

ein konventionelles Gleichungssystem. Dazu überführen wir es in Matrixschreibweise<br />

( ) ( ) ( )<br />

˙<br />

˙⃗N = AN<br />

⃗ N<br />

oder<br />

1 −λ1 0 N1<br />

N ˙ =<br />

.<br />

2 −λ 2 N 2<br />

λ 1<br />

Da Eigenwerte auch bei der Konstruktion einer inversen Matrix eine große Rolle spielen, ist<br />

auch die Lösung eines derartigen Systems gekoppelter Differentialgleichungen ein Eigenwertproblem.<br />

8.2 Rechentechnik<br />

§ 1147 Bevor wir in die technischen Aspekte des Rechnens mit Matrizen einsteigen, müssen<br />

wir uns auf einige Grundbegriffe verständigen.<br />

c○ M.-B. Kallenrode 13. März 2007

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