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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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124 KAPITEL 4. DIFFERENTIALRECHNUNG<br />

Abbildung 4.2: Das Weg–Zeit-<br />

Diagramm beschreibt die Änderung<br />

des Ortes mit der Zeit. Die<br />

Sekantensteigung gibt die mittlere<br />

Geschwindigkeit in einem Zeitintervall,<br />

die Tangentensteigung<br />

die Momentangeschwindigkeit<br />

Im Grenzübergang ∆x → 0 verschwinden die Terme mit ∆x und aus dem Differenzquotient<br />

wird, unserer Erwartung entsprechend, der Differentialquotient 6x 2 + 8x.<br />

§ 485 Während der Differenzenquotient mathematisch gesehen eine Vorüberlegung zum Differentialquotienten<br />

darstellt, ist er zumindest in der experimentellen <strong>Physik</strong> eine Standardgröße.<br />

Funktionen werden verwendet, um den Zusammenhang zwischen verschiedenen, im<br />

Experiment bestimmten physikalischen Größen zu beschreiben. Allerdings kann eine Messung<br />

niemals eine Funktion in R liefern, da die Messwerte stets diskret sind. Daher können<br />

nie zwei Messwerte unendlich dicht zusammen rücken, so dass sich aus einer Messung nie<br />

eine Veränderung von Funktionswerten im Sinne eines Differentialquotienten sondern stets<br />

nur im Sinne eines Differenzenquotienten ergeben kann.<br />

§ 486 Auch für numerische Verfahren (z.B. die numerische Integration in Abschn. 5.5 oder<br />

die numerische Lösung von Differentialgleichungen in Abschn. 7.9) ist der Differenzenquotient<br />

von Bedeutung: ein numerisches Verfahren kann ebenfalls nicht mit unendlich kleinen<br />

Differentialen arbeiten sondern nur mit endlichen Differenzen. Daher wird der Differentialquotient<br />

in einer Differentialgleichung in einen Differenzenquotienten überführt. Ebenso wird<br />

bei der numerischen Integration nicht mit dem Differential gearbeitet sondern mit einer endlichen<br />

Differenz. In beiden Fällen ist die Güte der numerischen Verfahren durch die Größe<br />

der Differenzen bestimmt: je kleiner diese sind, um so näher kommt die numerische Lösung<br />

der analytischen.<br />

§ 487 Manchmal ist dieser Differenzenquotient sogar die interessantere Größe als der Differentialquotient.<br />

Der morgendliche Weg zur Uni als eine Änderung des Ortes mit der Zeit<br />

besteht aus verschiedenen Phasen, z.B. den Beschleunigungsphasen beim Anfahren und Abbremsen,<br />

Wartepausen an einer Ampel, gleichförmigen mittleren Geschwindigkeiten auf ebener<br />

Strecke, langsamerem Fahren an einer Steigung und dem schnellen Abrollen auf einer<br />

Gefällestrecke. Das zugehörige Weg–Zeit-Diagramm weist daher sehr unterschiedliche<br />

Steigungen auf, vgl. Abb. 4.2. Diese Steigungen werden auch auf Ihrem Fahrrad-Tacho<br />

als Momentangeschwindigkeit angezeigt. 2 In der Praxis verwenden Sie meist jedoch nicht<br />

v(t) um ihre Geschwindigkeit zu beschreiben sondern geben eine mittlere Geschwindigkeit<br />

v = ∫ v(t) dt/ ∫ dt an: diese bestimmen Sie nicht durch Integration über die Momentangeschwindigkeiten<br />

sondern einfach in dem Sie die Gesamtstrecke s = ∫ v dt durch die zum<br />

Zurücklegen dieser Strecke benötigte Zeit t = ∫ dt dividieren.<br />

4.2.2 Differential und Differentialquotient<br />

Differentialquotient<br />

§ 488 Um mathematisch vom Differenzen- zum Differentialquotienten zu gelangen, müssen<br />

wir den Übergang von der Differenz zum Differential vornehmen. Ein Differential ist eine<br />

2 Das ist nicht ganz korrekt: das Messprinzip eines Tachos basiert darauf, die in einem festgelegten endlichen<br />

Zeitintervall zurück gelegte Strecke zu registrieren und dann in eine Geschwindigkeit umzurechnen. Da es<br />

sich um ein endliches Zeitintervall handelt, wird genau genommen keine Momentangeschwindigkeit angezeigt<br />

sondern eine mittlere Geschwindigkeit in diesem Zeitintervall.<br />

13. März 2007 c○ M.-B. Kallenrode

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