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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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6.4. KOMPLEXE ZAHLEN MATHEMATISCH 215<br />

X-Zahl darstellen als X = a + ib + jc mit a, b, c ∈ R und i 2 = 1. Auch ij muss in diesem neuen<br />

Zahlensystem liegen, d.h. es muss reelle Zahlen a, b, c geben derart, dass ij = a + ib + cj.<br />

Multiplikation mit i und auflösen nach j ergibt :<br />

j =<br />

b − ac − (a + bc)i<br />

1 + c 2 ,<br />

d.h. j ist eine komplexe Zahl, im Widerspruch zu der Annahme, es seine eine neue X-Zahl. Ein<br />

dreidimensionales Zahlensystem funktioniert also zumindest mit den bekannten algebraischen<br />

Regeln nicht.<br />

§ 846 Ein vierdimensionales Zahlensystem dagegen lässt sich konstruieren. Diese Quaternionen<br />

bestehen aus vier verschiedenen Typen grundlegender Nummern (1,i,j,k). Quaternionen<br />

werden ihrem Entdecker Hamilton zu Ehren zur Menge H zusammen gefasst. Jedes beliebige<br />

Quaternion ergibt sich als Summe über reelle Vielfache der grundlegenden Nummern:<br />

q = a1 + bi + cj + dk für beliebige a, b, c, d ∈ R. Die grundlegenden Quaternionen sind<br />

komplexe Matrizen<br />

1 =<br />

(<br />

1 0<br />

0 1<br />

)<br />

, i =<br />

( ) ( )<br />

0 1<br />

0 i<br />

, j =<br />

−1 0<br />

i 0<br />

und k =<br />

( )<br />

i 0<br />

.<br />

0 −i<br />

In C ist die Verknüpfung zwischen den grundlegenden Nummern von Real- und Imaginärteil<br />

gegeben als i 2 = −1. Für die grundlegenden Quaternionen gelten die Verknüpfungsregeln: 9<br />

1i = i1 = i 1j = j1 = j 1k = k1 = k<br />

i 2 = −1 j 2 = −1 k 2 = −1<br />

ij = k jk = i ki = j<br />

ji = −k kj = −i ik = −j .<br />

Ein Vergleich der beiden unteren Zeilen zeigt eine besondere Eigenschaft der Quaternionen:<br />

das Kommutativgesetz gilt nicht, da ji ≠ ij. Da gilt ji = −ij sind Quaternionen antikommutativ.<br />

Abgesehen vom fehlenden Kommutativgesetzt gelten für Quaternionen jedoch<br />

alle die algebraischen Regeln und Eigenschaften, die auch für die komplexen Zahlen gelten.<br />

Ebenso wie komplexe Zahlen sind Quaternionen nicht geordnet.<br />

§ 847 Eine Vorstellung von der praktischen Verwendung von Quaternionen lässt sich in<br />

Analogie zu den komplexen Zahlen entwickeln. Letztere lassen sich zerlegen in einen Skalar,<br />

den Betrag, und einen Winkel; Multiplikation mit einer komplexen Zahl entspricht einer<br />

Kombination aus Drehung um diesen Winkel und Streckung mit einem Faktor, der durch<br />

den Betrag gegeben ist. Ein Quaternion wird ebenfalls zerlegt und zwar in einen Skalar Φ<br />

und einen dreidimensionalen Vektor ⃗v:<br />

{Φ, ⃗v = (x, y, z)} ⇔ q = (Φ, x, y, z) .<br />

Daher lässt sich jeder dreidimensionale Vektor als ein Quaternion darstellen: 10<br />

{⃗v = (x, y, z)} ⇔ q ⃗v = (0, x, y, z) .<br />

§ 848 Eine Rotation R um eine Achse ⃗u um einen Winkel ϕ lässt sich schreiben als ⃗v →<br />

⃗v ′ = R⃗v. Zur Durchführung lässt sich ein Rotations-Quaternion Q = (cos(ϕ/2), ⃗u sin(ϕ/2))<br />

verwenden<br />

q ⃗v ′ = Qq ⃗v Q −1 ⇔ ⃗v ′ = R⃗v .<br />

9 Das sind einfach die Regeln der Matrixmultiplikation, d.h. der hier explizit aufgeschriebene Regelsatz ist<br />

kein eigenständiger neuer Regelsatz sondern nur eine umständliche Formulierung dafür, dass auf Grund der<br />

Struktur der elementaren Elemente in H die Multiplikation den Regeln der Matrixmultiplikation gehorchen<br />

muss. Daher ist auch die Anti-Kommutativität keine neue Regel sondern ergibt sich bereits aus den Regeln<br />

der Matrixmultiplikation.<br />

10 Die Umkehrung gilt natürlich nicht: die meisten Quaternionen lassen sich nicht als dreidimensionaler<br />

Vektor darstellen. Ein ähnlicher Zusammenhang gilt auch zwischen R und C: jede reelle Zahl a lässt sich<br />

als eine komplexe Zahl z = a + 0ı darstellen, aber die meisten komplexen Zahlen lassen sich nicht als reelle<br />

Zahlen darstellen.<br />

c○ M.-B. Kallenrode 13. März 2007

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