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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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4.3. HANDWERKSZEUG 131<br />

Abb. 4.6. Da die Funktion differenzierbar ist, muss sie alle Argumente zwischen a und b annehmen.<br />

Dabei ändert sich die Richtung der Tangente von einem Punkt zum nächsten und<br />

wird in einem Punkt parallel zur Sekante zwischen a und b sein. Der Satz von Rolle ist der<br />

Spezialfall des Mittelwertsatzes für f(a) = f(b).<br />

§ 511 Zum Beweis des Mittelwertsatzes betrachten wir eine Funktion<br />

F (x) = f(b) − f(x) − b − x (f(b) − f(a)) .<br />

b − a<br />

Diese Funktion verschwindet für x = a und x = b. Ist F (x) = const, so ergibt sich der<br />

Mittelwertsatz direkt. Daher nehmen wir an, dass F (x) nicht konstant ist. Dann muss die<br />

Funktion zwischen a und b einige positive und/oder negative Werte annehmen. Nehmen wir<br />

an, die Werte seien positiv. Da f(x) differenzierbar ist, ist f(x) auch stetig. Also muss auch<br />

F (x) stetig sein. Damit muss das zwischen a und b liegende Maximum von F (x) endlich<br />

sein. Also gibt es ein c mit a < c < b, in dem die Funktion ihr Maximum annimmt und<br />

damit eine waagerechte Tangente hat: F ′ (c) = 0. Drücken wir diese Ableitung mit Hilfe der<br />

Ausgangsfunktion f(x) aus:<br />

F ′ (x) = −f ′ f(b) − f(a)<br />

(x) + .<br />

b − a<br />

Für x = c ist diese genau der Mittelwertsatz.<br />

§ 512 Die Regel von l’ Hôpital (3.1) lässt sich mit Hilfe des Mittelwertsatzes beweisen. Dazu<br />

wenden wir den Mittelwertsatz auf jede der Funktionen f(x) und g(x) an. Dann können wir<br />

für jedes ε > 0 Zahlen c 1 und c 2 finden mit<br />

f(a + ε)<br />

g(a + ε) = f(a) + εf ′ (c 1 )<br />

g(a) + εf ′ (c 2 )<br />

a < c 1 , c 2 < a + ε .<br />

Die Regel von l’ Hôpital wird nur angewendet, wenn beide Funktionen an der interessierenden<br />

Stelle den Wert Null annehmen, d.h. nach Voraussetzung ist f(a) = g(a) = 0 und damit<br />

f(a + ε)<br />

g(a + ε) = f ′ (c 1 )<br />

f ′ (c 2 )<br />

a < c 1 , c 2 < a + ε .<br />

Lassen wir nun ε gegen Null gehen, so steht auf der linken Seite die gesuchte Größe und auf<br />

der rechten Seite streben c 1 und c 2 an a:<br />

f(x)<br />

lim<br />

x→a g(x) = lim f ′ (x)<br />

x→a g ′ (x) = f ′ (a)<br />

g ′ (a) .<br />

Das ist aber gerade die Regel von l’ Hôpital.<br />

§ 513 Auch der Mittelwertsatz lässt sich an einem einfachen physikalischen Beispiel illustrieren.<br />

Betrachten wir wieder eine Bewegung. Die Sekantensteigung gibt die mittlere Geschwindigkeit.<br />

Der Mittelwertsatz besagt, dass diese irgendwo im Intervall angenommen wird. Die<br />

Aussage ist trivial im Falle konstanter Geschwindigkeit. Ist die Geschwindigkeit nicht konstant,<br />

so ist sie am Anfang des Intervalls größer/kleiner als die mittlere Geschwindigkeit, am<br />

Intervallende dagegen kleiner/größer. Dann muss der Körper von v Anf auf v End beschleunigt<br />

werden. Da dieser Vorgang stetig (ohne Sprünge) erfolgt, nimmt er dabei irgendwann die<br />

zwischen v Anf und v End liegende mittlere Geschwindigkeit an.<br />

4.3 Handwerkszeug<br />

§ 514 Das fürs Differenzieren benötigte Handwerkszeug zerfällt in zwei Teile: eine kleine<br />

Tabelle der wichtigsten Ableitungen sowie eine Sammlung von Differentiationsregeln, mit<br />

deren Hilfe die Grundableitungen so kombiniert werden, dass auch komplexere Ausdrücke<br />

differenziert werden können. Wir haben zwar in Abschn. 4.2.3 gesehen, dass für physikalische<br />

Anwendungen eigentlich eine einzige Ableitungsregel ausreicht, aber da Sie vielleicht nicht<br />

in jeder Situation eine Reihenentwicklung vornehmen wollen, ist die Tabelle der Grundableitungen<br />

nicht ganz überflüssig.<br />

c○ M.-B. Kallenrode 13. März 2007

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