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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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200 KAPITEL 6. KOMPLEXE ZAHLEN<br />

da man keine Null Schafe zählen konnte. Aus gleichem Grund waren natürliche Zahlen lange<br />

Zeit für praktische Anwendungen ausreichend:<br />

2 Schafe + 3 Schafe = 5 Schafe .<br />

Auch die Umkehroperation, die Subtraktion, bereitete keine so lange keine Probleme, wie sie<br />

an reale Objekte gekoppelt war: von drei Schafen lassen sich maximal drei Schafe wegnehmen.<br />

In diesem Fall braucht man nicht mehr zu zählen, da keine Schafe da sind.<br />

§ 768 Buchführung macht alles etwas schwieriger. So musste plötzlich ein Bauer von seinen<br />

fünf Schafen auf Grund einer vergessenen Verpflichtung gegenüber seinem Landesherrn sieben<br />

Schafe abliefern. Damit die Schuld des fehlenden Schafes nicht in Vergessenheit geriet, wurde<br />

die Menge der ganzen Zahlen Z eingeführt. Damit ließ sich die Operation<br />

5 Schafe − 7 Schafe = −2 Schafe .<br />

zwar nicht physikalisch durchführen, aber die Buchführung funktionierte:<br />

5 − 7 = −2 .<br />

§ 769 Die Witwe eines anderen Bauern stand vor dem Problem, das fünf Schafe umfassende<br />

Erbe gleichmäßig auf die drei Töchter zu verteilen. Zumindest auf dem Papier ließ sich dies<br />

durch Einführung der rationalen Zahlen Q leicht lösen:<br />

5 Schafe : 3 Töchter = 5 Schafe<br />

3 Töchter = 1 2 3<br />

Schaf<br />

Tochter .<br />

§ 770 Für Buchführung, Steuer, öffentliche Verwaltung und ähnliche Kulturerrungenschaften<br />

sind diese drei Systeme ausreichend. Die Erfordernis der reellen Zahlen entwickelte sich in<br />

der Antike aus geometrischen Betrachtungen. So führt die recht einfache Frage nach dem<br />

Verhältnis zwischen dem Umfang U eines Kreises und seinem Durchmesser D nicht mehr auf<br />

eine rationale Zahl sondern eine transzendente Zahl R:<br />

Umfang des Kreises<br />

Durchmesser des Kreises = U D = π .<br />

Ein anderes geometrisches Problem betrifft die Länge x der Diagonalen eines Einheitsquadrats<br />

oder formal die Lösung der Gleichung x 2 = 2:<br />

x = √ 1 2 + 1 2 = √ 2 .<br />

Das Ergebnis ist eine algebraische Zahl. Beide, algebraische und transzendente Zahlen werden<br />

mit den rationalen Zahlen zur Menge R der reellen Zahlen zusammen gefasst. 1<br />

§ 771 Alle bisher betrachteten Zahlenräume lassen sich graphisch auf einem Zahlenstrahl<br />

darstellen. Dieser gibt eindeutig die Relation zwischen zwei reellen Zahlen: die erste kann<br />

kleiner, größer oder gleich der zweiten sein.<br />

§ 772 Pickt man zufällig eine Zahl aus diesem Zahlenstrahl, so wird dies praktisch immer<br />

eine transzendente Zahl sein: zwar gibt es unendlich viele natürliche Zahlen, ebenso unendlich<br />

viele ganze, rationale und algebraische Zahlen. Zwischen zwei benachbarten algebraischen<br />

Zahlen liegen jedoch stets unendlich viele transzendente Zahl – den Beweis können Sie z.B.<br />

in [23] nachvollziehen.<br />

§ 773 Die Erweiterung unseres Zahlenraums auf reelle Zahlen erlaubt z.B. die Behandlung<br />

einer quadratischen Gleichung wie x 2 − 4x − 29 = 0 mit den Lösungen<br />

x 2 − 4x − 29 = 0 ⇔ x 1,2 = 2 ± √ 4 + 29 = 2 ± √ 33 .<br />

Vertauschen wir im letzten Term das Vorzeichen, so erhalten wir die Gleichung x 2 −4x+29 =<br />

0. Die Lösungen<br />

x 2 − 4x + 29 = 0 ⇒ x 1,2 = 2 ± √ 4 − 29 = 2 ± √ −25 (6.1)<br />

1 Eine algebraische Zahl ist jede Zahl, die die Lösung eines Polynoms mit ganzzahligen Koeffizienten ist.<br />

Eine transzendente Zahl dagegen ist jede reelle Zahl, die nicht algebraisch ist.<br />

13. März 2007 c○ M.-B. Kallenrode

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