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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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308 KAPITEL 8. MATRIZEN<br />

Abbildung 8.2: Bezugssysteme: ein Problem orientiertes Bezugssystem (rot) muss nicht<br />

mit einem zum Vergleich mehrerer Bohrungen geeigneten ‘absoluten’ Bezugssystem<br />

übereinstimmen<br />

x 2 -Achse und drehen ihn anschließend um einen Winkel α gegen den Uhrzeigersinn (links),<br />

so ergibt sich ein anderes Ergebnis, als wenn wir erst die Drehung und anschließend die<br />

Spiegelung durchführen (rechts).<br />

§ 1139 Die einfache Darstellung von Koordinatentransformationen ist in vielen Bereichen<br />

der <strong>Physik</strong> hilfreich. Stellen Sie sich eine Horde Geophysiker vor, die an verschiedenen Stellen<br />

der Erde jeweils Bohrkerne aus Gesteinen oder Sedimenten entnehmen, um daraus die<br />

Entwicklung des Erdmagnetfeldes im Laufe der Erdgeschichte zu rekonstruieren. Da bei diesen<br />

Untersuchungen nicht nur auf die Stärke sondern auch auf die Richtung des Magnetfeldes<br />

zurück geschlossen werden soll, ist eine genaue Kenntnis der Ausrichtung und Lage der einzelnen<br />

Bohrkerne für deren Kombination unerlässlich. Jede einzelne Gruppe im Feld dagegen<br />

bevorzugt ein sehr individuelles Koordinatensystem: am einfachsten gelingt die Auswertung<br />

der im Bohrkern enthaltenen Zeitreihe, wenn man den Kern senkrecht zu den Schichten<br />

nimmt (als z-Achse, die in eine Zeitachse transformiert wird) und eine der räumlichen Achsen<br />

parallel zu einer der Schichten orientiert (meist wie an der Oberfläche sichtbar), die<br />

andere ebenfalls in der Schichtebene senkrecht zu dieser. In einem gut gefalteten Gestein wie<br />

in Abb. 8.2 zeigt dabei die lokale z-Richtung nicht unbedingt in Richtung auf den Erdmittelpunkt<br />

und ‘horizontalen’ Achsen sind weder horizontal noch haben sie einen Bezug zu einer<br />

der uns gebräuchlichen räumlichen Achsen wie Nord–Süd- oder Ost–West-Richtung. Vor die<br />

Kombination zum globalen Bild müssen die in ihren lokalen Bezugssystemenen vermessenen<br />

Zeitserien der Magnetfeldvektoren der einzelnen Bohrkerne auf ein gemeinsames, im Erdnittelpunkt<br />

fixiertes Bezugssystem transformiert werden. Diese Transformation enthält eine<br />

Rotation und eine Translation und lässt sich mit Hilfe von Matrizen beschreiben.<br />

§ 1140 Ein ähnliches Problem tritt auch auf wesentlich kleinerer räumlicher Zeitskala auf:<br />

Sie vermessen einen Kristall im Labor. Haben Sie keine weiteren Informationen über den<br />

Kristall, so werden Sie ihr räumliches Bezugssystem notwendigerweise erst einmal an der<br />

Apparatur, z.B. dem Probenhalter, orientieren. Während der Messung erkennen Sie jedoch,<br />

dass der Kristall Schichten hat und die Atome innerhalb der Schichten in einem Gitter angeordnet<br />

sind. Das Bezugssystem, in dem die Beschreibung des Kristalls einfach wird, ist nicht<br />

das des Probenhalters sondern dieses durch die Kristalleigenschaften definiert. Auch hier ist<br />

eine Matrix beim Übergang vom einen auf das andere Bezugssystem hilfreich. Und da wir<br />

schon den Begriff des Bezugssystems strapaziert haben: auch in der Relativitätstheorie wird<br />

der Übergang zwischen zwei gegen einander bewegten Koordinaten- oder besser Bezugssystemen<br />

durch eine Matrix beschrieben, siehe § 1272f. Aber auch so weltliche Dinge wie die<br />

Ausrichtung eines Satelliten oder die Funktionsweise eines Roboterarms lassen sich mit Hilfe<br />

von Matrizen einfach beschreiben, siehe Abschn. 8.5.<br />

§ 1141 Eine spezielle Art von Transformation ist die Hauptachsentransformation: die Projektion<br />

erfolgt auf bestimmte ausgezeichnete Achsen eines Systems. Wir werden als Beispiel<br />

in Abschn. 8.4.3 den Trägheitstensor betrachten. In der <strong>Physik</strong> wird häufig nicht von einer<br />

Hauptachsentransformation sondern von der Diagonalisierung der Matrix gesprochen. Mathematisch<br />

ist eine Hauptachsentransformation ein Eigenwertproblem: die ausgezeichneten<br />

Achsen des Systems werden mit Hilfe der Eigenvektoren der Matrix bestimmt.<br />

8.1.3 Mathematische Aspekte, Teil 2<br />

§ 1142 Wir haben lineare Gleichungssysteme als Motivation für die Einführung von Matrizen<br />

verwendet. In Abschn. 1.6 sind wir linearen Gleichungssystemen im Zusammenhang mit<br />

13. März 2007 c○ M.-B. Kallenrode

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