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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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254 KAPITEL 7. GEWÖHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN<br />

Satz 17 Ist x 0 ein gewöhnlicher Punkt von ẍ + p(t)ẋ + q(t)x = 0 so lässt sich diese DGL<br />

durch zwei linear unabhängige Potenzreihen lösen:<br />

x(t) = c 1<br />

∞ ∑<br />

n=0<br />

a n (x − x 0 ) + c 2<br />

∞ ∑<br />

n=0<br />

7.6.3 Ein Wort der Vorsicht<br />

b n (x − x 0 ) .<br />

§ 961 Die Lösung mit Hilfe einer Potenzreihenentwicklung erscheint manchmal als das ultimative<br />

Tool zur Behandlung einer DGL. Auch wenn das Verfahren in vielen Situationen<br />

erfolgreich ist (z.B. Bessel-Funktionen in Abschn. 7.7.3), ist es trotzdem keine Wunderwaffe.<br />

Die Nachteile des Verfahrens lassen sich zusammen fassen als:<br />

• Taylor Entwicklung der Lösung muss möglich sein, d.h. in dem Punkt, um den entwickelt<br />

wird, müssen alle Ableitungen der Lösungsfunktion existieren und endlich sein.<br />

• Das Verfahren liefert manchmal nur eine der Lösungen der homogenen DGL. Die zweite<br />

muss anders gefunden werden.<br />

• Im Fall nicht-linearer Gleichungen ist die Reihenentwicklung ebenfalls nicht hilfreich, da die<br />

Koeffizienten a n der Potenzreihenentwicklung hoffnungslos mit einander durch Produkte<br />

verknüpft werden.<br />

7.7 Mathematische Ergänzung<br />

§ 962 Aus mathematischer Sicht sind Differentialgleichungen eine fast zwangsläufige Konsequenz<br />

der Konzepte von Differentiation und Integration. Die Beschäftigung mit DGLs in<br />

der <strong>Mathematik</strong> ist stark durch die <strong>Physik</strong> motiviert worden, insbesondere durch das zweite<br />

Newton’sche Axiom.<br />

§ 963 Der Zusammenhang zwischen der Lösung einer DGL und der Integration wurde gerade<br />

an diesem Beispiel offenbar:<br />

⎛<br />

⎞<br />

d 2 x F (t, x)<br />

= ⇒<br />

dx ∫t<br />

∫t<br />

∫<br />

dt2 m(t) dt = F (t, x)<br />

t<br />

m(t) dt ⇒ x(t) = ⎝<br />

F (t, x)<br />

m(t) dt ⎠ dt .<br />

t 0 t 0<br />

Bei der Lösung einer DGL erster Ordnung durch Separation der Variablen ist dieser Zusammenhang<br />

ebenfalls offensichtlich; bei anderen Lösungsverfahren wie dem Exponentialansatz<br />

dagegen nicht.<br />

§ 964 Zwei wichtige mathematische Gesichtspunkte wurden hier ohne weitere Begründung in<br />

den Raum gestellt, das Superpositionsprinzip und das zweistufige Verfahren bei der Lösung<br />

der inhomogenen DGL. Beide sollen in diesem ergänzenden Abschnitt genauer betrachtet<br />

werden. Dazu werden wir uns auf die allgemeine lineare DGL zweiter Ordnung beschränken,<br />

gegeben in der Form<br />

D(x) = p(t)ẍ + q(t)ẋ + r(t)x = 0 . (7.27)<br />

Darin sind p(t), q(t) und r(t) vorgegebenen Funktionen der unabhängigen Variablen t. Das<br />

Symbol D(x) ist eine Abkürzung für die gesamte linke Seite der Gleichung; D wird als Differentialoperator<br />

bezeichnet. Gesucht ist eine Funktion x(t), die D(x) = 0 erfüllt. Oder besser:<br />

nicht eine Funktion, sondern alle Funktionen, die diese DGL erfüllen.<br />

t 0<br />

7.7.1 Vollständigkeit der Lösung<br />

§ 965 Die DGL (7.27) ist linear. Bisher haben wir die Linearität damit beschrieben, dass in<br />

der DGL weder höhere Potenzen von x noch Produkte aus x und einer seiner Ableitungen x (n)<br />

13. März 2007 c○ M.-B. Kallenrode

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