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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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6.2. GRUNDLAGEN 201<br />

sind in R nicht definiert: Quadrate reeller Zahlen sind stets positiv, d.h. die Umkehrfunktion<br />

√ ist nur für Radikanden größer oder gleich Null definiert.<br />

§ 774 Der problematische Teil des Ausdrucks ist die in R nicht definierte Größe √ −25. Etwas<br />

hemdsärmelig können wir diesen Ausdruck umschreiben als<br />

√<br />

−25 =<br />

√<br />

(−1) · 25 =<br />

√<br />

25<br />

√<br />

−1 = 5<br />

√<br />

−1 . (6.2)<br />

Den Ausdruck √ −1 definieren wir als die imaginäre Einheit i. Damit gibt (6.2) eine imaginäre<br />

Zahl, nämlich 5i. Die Summe aus einer reellen und einer imaginären Zahl, wie in (6.1),<br />

bezeichnen wir als komplexe Zahl.<br />

§ 775 Die imaginären Zahlen lassen sich nicht als einfache Erweiterung der reellen Zahlen auf<br />

dem Zahlenstrahl darstellen sondern benötigen einen eigenen Zahlenstrahl. Daher kann man<br />

die Summe 2 ± 5i aus (6.1) nicht zu einer Zahl zusammenfassen sondern muss die komplexe<br />

Zahl als Summe aus dem Realteil 2 und dem Imaginärteil 5 stehen lassen. Graphisch werden<br />

diese Zahlen in einer Zahlenebene dargestellt mit dem Realteil auf der Abszizze und dem<br />

Imaginärteil auf der Ordinate. Daher sind komplexe Zahlen nicht geordnet: zwischen Zwei<br />

komplexen Zahlen lässt sich keine Beziehung ‘ist größer als’ bzw. ‘ist kleiner als’ herstellen.<br />

6.2 Grundlagen<br />

§ 776 Die formale Grundlage für die Einführung des Körpers C der komplexen Zahlen erfolgte<br />

1777 durch Euler. Die Gleichung x 2 + 1 = 0 hat keine Lösung im Reellen, d.h. für<br />

x ∈ R. Euler war bereit, einen neuen Körper C einzuführen derart, dass es ein z ∈ C gibt,<br />

dass die Gleichung z 2 + 1 = 0 löst. Diese unbekannte Zahl bezeichnete er als die imaginäre<br />

Einheit i, die Lösung seiner Gleichung war damit z 1,2 = ±i. 2<br />

6.2.1 Definitionen<br />

Definition 53 Der Ausdruck i heißt die imaginäre Einheit. Er ist definiert als<br />

i 2 = −1 . (6.3)<br />

§ 777 Die in der Motivation verwendete Darstellung in (6.1) oder (6.2) suggeriert eine Definition<br />

der Form i = √ −1. Als Merkregel oder Gedächtnisstütze mag das in Ordnung sein. Es<br />

handelt sich jedoch nicht um eine mathematisch saubere Definition: so liefert der Ausdruck<br />

(+ √ −1) (+ √ −1) wegen (+ √ −1) (+ √ −1) = + √ (−1) (−1) = + √ 1 = +1 ein Ergebnis, das<br />

im Widerspruch zu (6.3) steht.<br />

Definition 54 Ein Produkt aus einer reellen Zahl b und der imaginären Einheit wird als<br />

imaginäre Zahl bi bezeichnet.<br />

§ 778 Imaginäre Zahlen können, ebenso wie reelle Zahlen, in Form eines Zahlenstrahls dargestellt<br />

werden: sie sind geordnet. Allerdings können imaginäre Zahlen nur Gleichungen der<br />

Form z 2 + b 2 = 0 lösen. Die quadratische Gleichung in allgemeiner Form dagegen kann auf<br />

eine komplexe Lösung führen wie in (6.1). gelöst.<br />

Definition 55 Die Summe aus einer reellen Zahl a und einer imaginären Zahl bi ist die<br />

komplexe Zahl z = a + bi.<br />

§ 779 Eine komplexe Zahl z = a + bi besteht aus einem Realteil R(z) = a und einem<br />

Imaginärteil I(z) = b.<br />

2 Was an i so imaginär ist, ist schwer zu verstehen. Die Bezeichnung geht auf die Vorstellung zurück, dass<br />

Gleichungen der Form x 2 = 2 eine geometrische Bedeutung haben, in dem sie z.B. die Länge der Diagonale<br />

eines Einheitsquadrats beschreibt. Einer Gleichung der Form x 2 = −2 lässt sich jedoch keine geometrische<br />

Bedeutung zuordnen. Daher wurden diese Gleichungen lange Zeit von den <strong>Mathematik</strong>ern als bedeutungslos<br />

betrachtet und ignoriert. Auf Grund der fehlenden geometrischen Bedeutung von x 2 = −1 ist auch die<br />

Lösung dieser Gleichung ein Konstrukt, dass keinen realen Hintergrund hat, eine Imagination. Heutzutage<br />

ist es schwer zu verstehen, warum imaginäre Zahlen weniger real sein sollen als reelle.<br />

c○ M.-B. Kallenrode 13. März 2007

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