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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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7.1. MOTIVATION 229<br />

7.1 Motivation<br />

7.1.1 Zwei Beispiele aus der <strong>Physik</strong><br />

§ 880 Eine radioaktive Substanz zerfällt mit einer Zerfallskonstante 1 λ [s −1 ]. In einem Zeitintervall<br />

∆t zerfallen von den N vorhandenen Atomen ∆N = λN∆t Atome. Am Ende des<br />

Zeitintervalls beträgt die Zahl der vorhandenen Atome<br />

N(t + ∆t) = N(t) − λN(t)∆t<br />

oder umformuliert<br />

N(t + ∆t) − N(t)<br />

= −λN(t) .<br />

∆t<br />

Im Grenzübergang ∆t → 0 ergibt sich daraus<br />

dN<br />

dt<br />

= −λN oder kurz Ṅ = −λN . (7.1)<br />

§ 881 Eine Gleichung dieser Form wird als Differentialgleichung (DGL) bezeichnet: sie verknüpft<br />

eine Ableitung, in diesem Fall dN/dt, mit der Funktion N(t), ohne die Funktion N(t)<br />

oder ihre Ableitung Ṅ(t) direkt anzugeben. Die Lösung dieser Differentialgleichung ist die<br />

Funktion N(t), d.h. die DGL ist eine Bestimmungsgleichung für diese Funktion.<br />

§ 882 Irgendwo in Ihrem Gedächtnis erinnert jetzt vielleicht die Schulphysik daran, dass das<br />

Zerfallsgesetz durch eine Exponentialfunktion beschrieben wurde. Lässt sich das in der DGL<br />

(7.1) wieder finden? Die Differentialgleichung besagt, dass die Ableitung Ṅ der Funktion N(t)<br />

proportional zu dieser Funktion ist, d.h. gesucht ist die Ableitung einer Funktion, die bis auf<br />

eine Proportionalitätskonstante wieder diese Funktion ergibt. Die Exponentialfunktion erfüllt<br />

diese Bedingung, d.h. das Zerfallsgesetz wird die Form<br />

N(t) = N 0 e −λt<br />

haben. Zur Überprüfung leiten wir N(t) einmal ab und erhalten Ṅ = −λN 0 e −λt . Einsetzen<br />

von Ṅ und N(t) in die DGL (7.1) zeigt, dass N(t) Lösung der DGL ist.<br />

§ 883 Als zweites Beispiel aus der <strong>Physik</strong> betrachten wir die Bewegungsgleichung (zweites<br />

Newton’sches Axiom) in skalarer Form:<br />

dp<br />

dt = ∑ F oder kurz ṗ = ∑ F .<br />

Die linke Seite der Gleichung beschreibt die Änderung des Impulses einer Testmasse unter<br />

dem Einfluss der auf der rechten Seite stehenden Kräfte. Die linke Seite lässt sich für eine<br />

konstante Masse m schreiben als m ˙v oder mẍ. Die Art der sich ergebenden Gleichung hängt<br />

von den Kräften ab, die auf der rechten Seite einzusetzen sind. Im einfachsten Fall wirkt eine<br />

konstante Kraft, z.B. die Gravitationskraft −mg. Die zugehörige Differentialgleichung für die<br />

Geschwindigkeit v(t)<br />

m ˙v = −mg<br />

lässt sich direkt integrieren und liefert das Geschwindigkeits–Zeit-Gesetz<br />

v(t) = −gt + v 0<br />

mit der Anfangsgeschwindigkeit v 0 als Integrationskonstante. Als Differentialgleichung für<br />

den Ort liefert die Bewegungsgleichung bei konstanter Kraft<br />

mẍ = −mg . (7.2)<br />

Nach zweimaliger Integration ergibt sich daraus das Weg–Zeit-Gesetz<br />

x(t) = − 1 2 gt2 + v 0 t + s 0<br />

1 Die Zerfallskonstante ist ein Maß für die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Atom innerhalb eines bestimmten<br />

Zeitintervalls, normalerweise eine Sekunde, zerfällt<br />

c○ M.-B. Kallenrode 13. März 2007

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