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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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268 KAPITEL 7. GEWÖHNLICHE DIFFERENTIALGLEICHUNGEN<br />

§ 1011 Exponentielles Wachstum wird ähnlich beschrieben wie das Entladen eines Kondensators<br />

oder der radioaktive Zerfall. Es tritt auf, wenn die Änderung der Zahl der Individuen<br />

einer Population (Frösche oder Seerosen im Teich, Bakterien in einer Nährlösung) proportional<br />

zu ihrer Zahl und einer Vermehrungsrate ist. Die Differenzengleichung ∆N = λN ∆t<br />

unterscheidet sich von der des Zerfalls in § 880 nur durch das fehlende Minus-Zeichen auf der<br />

rechten Seite: hier ist die Änderung nicht negativ (Abnahme der Population) sondern positiv<br />

(Zunahme der Population). Entsprechend ergibt sich als Differentialgleichung Ṅ = λN. Das<br />

Lösungsverfahren ist völlig analog zu dem beim radioaktiven Zerfall. Separation der Variablen<br />

liefert dN/N = λ dt, anschließende Integration führt auf ln N + ln c 1 = λ t. Berücksichtigung<br />

der Randbedingung N(0)=N 0 führt auf die spezielle Lösung<br />

N(t) = N 0 e λt . (7.39)<br />

Exponentielles Wachstum tritt in der <strong>Physik</strong> (außer vielleicht in der Anfangsphase von Kristallwachstum)<br />

nicht auf. Im Gegensatz zum exponentiellen Zerfallsgesetz ist exponentielles<br />

Wachstum ohnehin eine Fiktion, da Wachstum stets schnell an seine Grenzen (begrenzter<br />

Platz, Energie, Nährstoffe) stößt. Auf Grund der einfachen mathematischen Handhabbarkeit<br />

ist exponentielles Wachstum aber dennoch ein gerne verwendetes Modell. Aufgaben 136 und<br />

137 geben realistischere Beispiele für Wachstumsmodelle, die nicht zu einem exponentiellen<br />

Wachstum führen.<br />

Zerfallstyp mit additiver Konstante<br />

§ 1012 Das Entladen eines Kondensators lässt sich mit Hilfe eines exponentiellen Zerfallsgesetzes<br />

beschreiben. Das Aufladen findet jedoch keine Entsprechung in einem exponentiellen<br />

Wachstum: die auf dem Kondensator befindliche Ladung q bewirkt eine Spannung u C = q/C,<br />

die der zum Aufladen angelegten Spannung U entgegen gesetzt ist. Da nur die Differenz U −u<br />

eine weitere Aufladung bewirkt, wächst q mit zunehmender Zeit (und damit zunehmender<br />

Ladung) immer langsamer an. Die konstante an die Serienschaltung aus Widerstand R und<br />

Kondensator C angelegte Spannung U fällt teilweise über dem Widerstand ab (ausgedrückt<br />

mit Hilfe des Ohm’schen Gesetzes als u R = Ri = R ˙q), teilweise über dem Kondensator<br />

(ausgedrückt als u C = q/C). Daraus ergibt sich eine DGL der Form<br />

U = u R + u C = q C<br />

+ R ˙q ⇒ ˙q = −<br />

q<br />

RC + U R .<br />

Diese DGL unterscheidet sich von der die Entladung des Kondensators beschreibenden nur<br />

durch den additiven Term, der die angelegte Spannung U enthält. Die DGL lässt sich durch<br />

Separation der Variablen lösen,<br />

dq<br />

CU − q = dt<br />

RC .<br />

Zur Integration erfolgt durch die Substitution u = CU − q mit du = −1dq und wir erhalten<br />

− ln(CU − q) =<br />

t<br />

RC + c<br />

mit c als Integrationskonstante. Die allgemeine Lösung ist wegen CU = Q max<br />

q(t) = Q max<br />

(1 − e c−t/(RC)) :<br />

Für die Anfangsbedingung q(t = 0) = 0 (keine Ladung auf dem Kondensator) ergibt sich als<br />

spezielle Lösung:<br />

q(t) = Q max<br />

(1 − e −t/(RC)) :<br />

die auf dem Kondensator befindliche Ladung q nähert sich mit zunehmender Zeit asymptotisch<br />

dem Grenzwert Q max = CU an.<br />

13. März 2007 c○ M.-B. Kallenrode

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