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Mathematik für Physiker - Numerische Physik: Modellierung

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7.9. NUMERISCHE VERFAHREN 279<br />

§ 1048 Eine besondere numerische Behandlung von Differentialgleichungen höherer Ordnung<br />

ist nicht erforderlich, da jede gewöhnliche DGL der Ordnung p > 1 in ein System von p DGLs<br />

1. Ordnung zerlegt werden kann. Diese p DGLs müssen dann abwechselnd numerisch iteriert<br />

werden. Diese Ideen finden auch in der numerischen Lösung partieller Differentialgleichungen<br />

Anwendung, da eine partielle DGL auf mehrere gewöhnliche DGLs zurückgeführt werden<br />

kann, vgl. Kap. 11. Allerdings lassen sich auch Ableitungen höherer Ordnung diskretisieren<br />

(vgl. § 1072), so dass der Rückzug auf DGLs erster Ordnung nicht zwingend erforderlich ist.<br />

7.9.3 Euler Verfahren<br />

§ 1049 Das Euler Verfahren zur numerischen Lösung einer DGL ist eine formale Version des<br />

in Abschn. 7.9.1 anschaulich dargestellten Verfahrens. Das Ziel ist die numerische Lösung<br />

des Anfangswertproblem ẋ = f(x, t) mit dem Anfangswert x(0) = x 0 in einem Intervall<br />

a ≤ t ≤ b.<br />

§ 1050 Der erste Schritt ist die Diskretisierung, d.h. der Übergang von infinitesimal kleinen<br />

Schritten auf diskrete Intervalle und damit von einer Differentialgleichung auf eine Differenzengleichung<br />

∆x<br />

∆t = x n − x n−1<br />

= f(x, t) .<br />

∆t<br />

Das zu betrachtende Intervall [a, b] wird wie aus der numerischen Integration bekannt in M<br />

gleich große Teile der Länge<br />

h = ∆x = b − a<br />

M<br />

zerlegt; h = ∆x ist die Schrittweite des numerischen Schemas. Die Lösungsfunktion wird<br />

punktweise an den durch die Diskretisierung ausgewählten Gitterpunkten (Stützstellen) t n =<br />

t 0 + n ∆t, n = 0, 1, 2, 3, . . . bestimmt.<br />

Euler Vorwärts<br />

§ 1051 Beim Euler Vorwärts Verfahren gehen wir von einem vorgegebenen Anfangspunkt,<br />

dem Anfangswert (t 0 , x 0 ), aus. Dieser liegt auf der exakten Lösungskurve x = x(t). Die<br />

Lösungskurve im anschließenden Intervall wird in diesem Punkt näherungsweise durch die<br />

Tangente ersetzt, deren Steigung durch die Differentialgleichung als f(x 0 , t 0 ) gegeben ist:<br />

x(t 1 ) = x 0 + ∆t f(x 0 , t 0 ) .<br />

Das Verfahren wird an diesem Punkt fortgesetzt, wobei jetzt die Tangentensteigung f(x(t 1 ), t 1 )<br />

ist usw. für den so bestimmten Wert x(t 2 ):<br />

x(t 2 ) = x(t 1 ) + ∆t f(t 1 , x 1 )<br />

oder verallgemeinert<br />

x(t n+1 ) = x(t i ) + ∆t f(t i , x i ) .<br />

Die Lösungskurve wird also aus gradlinigen Stücken zusammengesetzt, d.h. die Näherungslösung<br />

ist ein Streckenzug oder Polygon. Das Verfahren wird daher auch als Euler’sches Streckenzugverfahren<br />

bezeichnet.<br />

§ 1052 Während der Anfangswert noch exakt auf der Lösungskurve liegt, weicht bereits der<br />

erste Punkt x(t 1 ) etwas von der Lösungskurve ab. Mit zunehmender Zahl der Schritte wird<br />

diese Abweichung immer größer. Da ein numerisches Verfahren mit abnehmender Schrittweite<br />

genauer wird, lässt sich der Fehler des numerischen Verfahrens abschätzen auf einfache Weise<br />

abschätzen durch einen Vergleich der Lösung bei unterschiedlichen Schrittweiten:<br />

∆x i = x(t i ) − x i ≈ x i − ˜x i<br />

mit ˜x i als der Näherungslösung an der Stelle t i bei doppelter Schrittweite ∆t des numerischen<br />

Schemas. Eine formalere Annäherung an den Verfahrensfehler werden wir in Abschn. 7.9.7.<br />

c○ M.-B. Kallenrode 13. März 2007

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