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Koordination und Qualität im Gesundheitswesen

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von medizinisch-technischem Fortschritt in der Vergangenheit <strong>im</strong>mer besser, die mit chronischen<br />

Krankheiten einhergehenden Komplikationen (z. B. Pneumonie) besser in den Griff zu<br />

bekommen, ohne jedoch das Voranschreiten der eigentlichen (chronischen) Krankheit signifikant<br />

aufhalten zu können. Als Folge dieser Entwicklung expandiert mit der Zunahme der Lebenslänge<br />

die Morbiditätsdauer. So n<strong>im</strong>mt z. B. bei unverändertem Alter be<strong>im</strong> Ausbruch der<br />

Krankheit die Lebenslänge <strong>und</strong> damit die Morbiditätsdauer zu. Sofern sich der Ausbruch der<br />

Krankheit nach hinten verschiebt, bleibt diese Zeitspanne hinter dem Anstieg der Lebenslänge<br />

zurück, so dass auch hier die Morbiditätsdauer zun<strong>im</strong>mt. Auch wenn Gruenberg die Unterscheidung<br />

zwischen absoluter <strong>und</strong> relativer Morbiditätsexpansion nicht vorn<strong>im</strong>mt <strong>und</strong> bei seiner<br />

Argumentation nur auf die absolute Morbiditätsexpansion abstellt, spricht nichts gegen eine<br />

entsprechende Abgrenzung zwischen absoluter <strong>und</strong> relativer Morbiditätsexpansion. Während<br />

der absoluten Version zufolge bei Lebenserwartungssteigerungen die (absolute) Zahl der in<br />

Krankheit verbrachten Lebensjahre zun<strong>im</strong>mt, steigt bei der relativen Version nur der relative<br />

Anteil der Krankheitsjahre an allen Lebensjahren.<br />

158. In diesem Kontext ist zu berücksichtigen, dass die absolute Morbiditätsexpansion (bzw.<br />

absolute Medikalisierung) bei steigender Lebenserwartung nicht zwingend die relative Morbiditätsexpansion<br />

<strong>im</strong>pliziert. Die absolute Morbiditätsexpansion bildet eine notwendige, aber keine<br />

hinreichende Voraussetzung für relative Morbiditätsexpansion. Es können somit theoretisch bei<br />

steigender Lebenserwartung gleichzeitig absolute Morbiditätsexpansion <strong>und</strong> relative Morbiditätskompression<br />

auftreten. Ein solcher Fall bedingt allerdings, dass die relative Zunahme des<br />

Alters be<strong>im</strong> Ausbruch der Krankheit diejenige des Sterbealters übersteigt. Sofern sich bei einem<br />

Patienten das Alter bei Ausbruch der Krankheit von 50 auf 60 Jahre erhöht <strong>und</strong> er nun statt mit<br />

80 mit 95 Jahren stirbt, liegt offensichtlich eine absolute Expansion der Morbiditätsdauer von<br />

30 auf 35 Jahre vor. In diesem Falle sinkt die relative Morbidität geringfügig von 37,5 %<br />

(30:80) auf 36,8 % (35:95), d. h. es handelt sich hier gleichzeitig um eine relative Kompression.<br />

Es ist aber nicht möglich, dass eine Steigerung der Lebenserwartung mit absoluter Kompression<br />

<strong>und</strong> gleichzeitiger relativer Expansion einhergeht.<br />

159. Die Abbildungen a) <strong>und</strong> b) veranschaulichen die beiden Konzepte der absoluten Morbiditätskompression<br />

<strong>und</strong> -expansion in ihrer einfachen bzw. extremen Version graphisch. Während<br />

an der Abszisse das Alter steht, bezeichnet die Ordinate die Symptomschwere. Hierbei charakterisiert<br />

die ‚Systemschwelle’ einen Schweregrad, ab dem klinisch manifeste Symptome auftauchen<br />

<strong>und</strong> die Krankheit nachweisbar (<strong>und</strong> möglicherweise auch von den Betroffenen ‚fühlbar’)<br />

ist. Die ‚Todessschwelle’ indiziert einen höheren Schweregrad, ab dem bei gegebenem Stand<br />

der Medizin der Tod des Betroffenen eintritt. Nach der absoluten Expansions- bzw. Medikalisierungsthese<br />

(Abb. a) wird das Voranschreiten der Krankheit nicht abgebremst, durch den medizinisch-technischen<br />

Fortschritt die Todesschwelle aber sukzessive angehoben. Daraus folgen<br />

ein unverändertes Alter be<strong>im</strong> Überschreiten der ‚Symptomschwelle’ <strong>und</strong> ein gestiegenes Sterbealter.<br />

Nach der absoluten Kompressionsthese schwächt sich der Krankheitsverlauf (bei Konstanz<br />

der Todesschwelle) ab, so dass das Alter be<strong>im</strong> Krankheitseintritt stärker ansteigt als das<br />

Sterbealter <strong>und</strong> somit eine absolute Kompression eintritt.<br />

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