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Koordination und Qualität im Gesundheitswesen

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7.6.6 Zuzahlungsregelungen<br />

828. Die direkte finanzielle Beteiligung von Patienten an den Arzne<strong>im</strong>ittelausgaben<br />

umfasst die Zuzahlung bei erstattungsfähigen Verordnungen, die Bezahlung nicht erstattungsfähiger<br />

Verordnungen <strong>und</strong> die Selbstmedikation (vgl. Schneider, M. et al.<br />

2000). Zuzahlungen zu Arzne<strong>im</strong>itteln besitzen eine fiskalische <strong>und</strong> eine steuernde Funktion.<br />

Überflüssige Inanspruchnahme von Leistungen soll reduziert, <strong>und</strong> die Kostenträger<br />

des Ges<strong>und</strong>heitswesens sollen entlastet werden. Bei Erhöhung der finanziellen Beteiligung<br />

von Patienten an Arzne<strong>im</strong>ittelausgaben sind kurzfristig ein Vorzieheffekt <strong>und</strong> eine<br />

verringerte Inanspruchnahme von Arzne<strong>im</strong>itteln zu erwarten. Längerfristig hängt die<br />

steuernde Wirkung von Zuzahlungen u. a. von Belastungsgrenzen <strong>und</strong> möglichen Zusatzversicherungen<br />

ab. Auch Zuzahlungen in anderen Bereichen des Ges<strong>und</strong>heitswesens<br />

können sich indirekt auf die Nachfrage nach Arzne<strong>im</strong>itteln auswirken. So führte die <strong>im</strong><br />

Rahmen des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG) zum 01. Januar 2004 eingeführte<br />

Praxisgebühr zu einem Rückgang der Arztbesuche (vgl. ZI 2005). In der Folge wurden<br />

auch weniger Medikamente verordnet. Gleichzeitig wurde durch das GMG jedoch auch<br />

die Zuzahlungsregelung zu verordneten Medikamenten geändert: Statt einer Rezeptgebühr<br />

müssen Versicherte nun 10 % des Abgabepreises, mindestens fünf <strong>und</strong> höchstens<br />

10 € zu erstattungsfähigen Medikamenten zuzahlen (vgl. § 31 Abs. 2 <strong>und</strong> § 61 SGB V).<br />

Fällt ein Medikament unter das Referenzpreissystem, muss nach wie vor bei einem höheren<br />

Medikamentenpreis auch die Differenz zwischen Festbetrag <strong>und</strong> Abgabepreis<br />

vom Versicherten getragen werden. Die Verpflichtung des Arztes, den Patienten auf die<br />

Übernahme der Mehrkosten durch die Verordnung eines Medikaments hinzuweisen, das<br />

teurer als der Festbetrag ist, stellt für den Arzt einen gewissen Aufwand dar (vgl. § 73<br />

SGB V). Diesen zu vermeiden, setzt Anreize, ein Präparat zu verschreiben, dessen Preis<br />

den Festbetrag nicht übersteigt. Parallel zu den Zuzahlungsvorgaben wurden auch die<br />

Regelungen zur Erstattungsfähigkeit sowie zu Belastungsgrenzen194 geändert. Diese<br />

Vielzahl von Neuerungen erschwert einen Rückschluss auf die steuernde Wirkung von<br />

Einzelmaßnahmen. Auch die Effekte auf die Arzne<strong>im</strong>ittelausgaben insgesamt ebenso<br />

wie die Inzidenz von Zuzahlungen sollen an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. 195<br />

194 § 62 SGB V legt fest, dass Versicherte max<strong>im</strong>al zwei Prozent (chronisch Kranke ein Prozent) der<br />

jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt als Zuzahlungen leisten müssen.<br />

195 Es sei jedoch auf die Studie von Schneider, M. et al. (2004) verwiesen, die Zuzahlungen <strong>im</strong> internationalen<br />

Vergleich analysiert. Dabei werden auch die Auswirkungen des GMG auf die Versicherten<br />

in Deutschland untersucht. Es liegen mittlerweile auch erste Untersuchungen einzelner<br />

Kassen vor, die für ihre Versicherten die finanziellen Belastungen <strong>und</strong> das veränderte Nachfrageverhalten<br />

durch das GMG zu quantifizieren versuchen. Das Wissenschaftliche Institut der AOK<br />

(WIdO) untersuchte fünf Monate nach Einführung des GMG in einer repräsentativen Umfrage das<br />

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