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Koordination und Qualität im Gesundheitswesen

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hält die jeweils beteiligten Leistungserbringer dazu an, stets auch die weiteren Schritte der integrierten<br />

Behandlung antizipierend mitzudenken <strong>und</strong> zu kommunizieren. Dies erfordert wiederum,<br />

jeweils das Ziel <strong>und</strong> den Zweck geplanter Maßnahmen zu klären. Diese scheinbar<br />

selbstverständlichen gedanklichen Schritte spielen bisher in der üblicherweise dokumentierten<br />

innerärztlichen Kommunikation nicht die Rolle, die ihnen eigentlich zukommt. Die skizzierte<br />

Vorgehensweise verlangt eine f<strong>und</strong>ierte Auseinandersetzung mit dem medizinischen Sachproblem,<br />

was mit einem Zuwachs an Kompetenz einhergehen kann. Dazu trägt bei, dass der eigene,<br />

vorgeschlagene Behandlungsweg nicht nur gegenüber dem Patienten, sondern auch in der innerärztlichen<br />

Auseinandersetzung, d. h. vor dem fachfremden Kollegen, begründet <strong>und</strong> gerechtfertigt<br />

werden muss. Hinzu kommen Verständigungsprozesse hinsichtlich der Zielsetzung einer<br />

integrierten, d. h. gemeinsamen Behandlung, die sich an den Besonderheiten des Einzelfalls orientieren<br />

<strong>und</strong> die Sichtweise <strong>und</strong> Prioritäten des Patienten in besonderem Maße berücksichtigen<br />

soll. Hierbei entstehen zwangsläufig Ermessensspielräume, wenn es z. B. darum geht, die Mitarbeit<br />

des Patienten abzuschätzen, die subjektiven Belastungen einer Therapie (z. B. therapiebedingte<br />

Beschwerden <strong>und</strong> Einschränkungen, Anfahrtswege <strong>und</strong> -zeiten, Wartezeiten in verschiedenen<br />

Praxen, Verzicht auf Lebens- <strong>und</strong> Arbeitsgewohnheiten bei Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes)<br />

gegenüber ihrem (Brutto-)Nutzen abzuwägen. Dies setzt eine bisher unter Ärzten<br />

eher sporadisch, jedoch nicht systematisch <strong>und</strong> zielführend gepflegte <strong>und</strong> dokumentierte, neue<br />

Form der Verständigung voraus.<br />

79. In der integrierten Versorgung dürften sich Versorgungsketten bilden, an denen sich möglicherweise<br />

mehr Ärzte beteiligen als bisher vom Patienten gewohnt <strong>und</strong> erwartet. Die Berücksichtigung<br />

der Patientenbelange <strong>und</strong> das Erzielen opt<strong>im</strong>aler Versorgungsergebnisse setzen vor<br />

allem voraus, dass alle an der Behandlung Beteiligten dem Patienten gegenüber eine übereinst<strong>im</strong>mende<br />

Einschätzung des Problems, z. B. hinsichtlich Krankheitsschwere, Behandlungschancen<br />

<strong>und</strong> vor allem auch der Prognose, erkennen lassen. Insbesondere die Beratung, die zu<br />

einer letztlich vom Patienten zu treffenden Entscheidung für oder gegen vorgeschlagene Maßnahmen<br />

führt, sollte in übereinst<strong>im</strong>mender Weise erfolgen.<br />

Im Umgang mit dem Patienten ergeben sich weitere Anforderungen wie verständliche <strong>und</strong> erschöpfende<br />

Information, Wahrnehmung der Patientenprioritäten, Erfassung psychosozialer<br />

Krankheitskomponenten, Anleitung, Schulung <strong>und</strong> Delegation von Leistungen an den Patienten.<br />

Auch hierzu bedarf es einerseits erheblicher Lernprozesse seitens der Ärzte <strong>und</strong> andererseits<br />

eines neuen Kommunikationsstils der Leistungserbringer untereinander.<br />

Die Beispiele zeigen, dass eine Ausschöpfung der Potenziale integrierter Versorgung nur gelingt,<br />

wenn der Arzt zusätzliche Kompetenzen gewinnt <strong>und</strong> sich neue Wege der innerärztlichen<br />

Zusammenarbeit herausbilden. Dies erfordert aber Freiräume für das Nachdenken über Patienten<br />

<strong>und</strong> ihre medizinischen Probleme <strong>und</strong> damit einen neuen Arbeitsstil, der systematisch die<br />

transparente Reflexion vor die Aktion setzt. Diese Feststellung bedeutet keine Abqualifizierung<br />

der alltäglichen Bemühungen der Ärzte um die bestmögliche Versorgung ihrer Patienten. In der<br />

integrierten Versorgung geht es jedoch darum, solche Prozesse transparent <strong>und</strong> zu einem systematischen<br />

Bestandteil der Interaktion zwischen den Leistungserbringern zu machen.<br />

80. Die Bildung sektorenübergreifender Versorgungsketten setzt voraus, dass der Arzt, der jeweils<br />

einen Patienten weiterleitet, auch die Verantwortung dafür trägt, dass der Patient zum<br />

richtigen Zeitpunkt den richtigen Leistungserbringer für die weitere Behandlung erreichen kann.<br />

Diese Anforderung besteht darin, eine sinnvolle Reihenfolge der Behandlungen, z. B. einer<br />

Ausschlussdiagnostik, zu veranlassen <strong>und</strong> sicherzustellen, dass die erforderliche Behandlung<br />

insbesondere in dringlichen Fällen auch tatsächlich (z. B. trotz organisatorischer Hindernisse)<br />

erfolgen kann. Dies schließt z. B. die Ankündigung dringend zu versorgender Patienten <strong>im</strong><br />

Krankenhaus, die Sicherung eines zeitnahen Behandlungstermins be<strong>im</strong> ambulanten Spezialisten<br />

oder auch die Sicherstellung der häuslichen Versorgung bzw. einer Anschlussversorgung bei<br />

hochaltrigen Patienten mit der Krankenhausentlassung ein.<br />

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