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Koordination und Qualität im Gesundheitswesen

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5. Schnittstellen zwischen Krankenversicherung <strong>und</strong> Pflegeversicherung<br />

5.1 Ausgangslage vor dem Pflegeversicherungsgesetz<br />

473. In Deutschland wurden in den achtziger Jahren, wie in vielen anderen Ländern<br />

auch, Diskussionen über neue sozialstaatliche Programme zur Absicherung des allgemeinen<br />

Lebensrisikos Pflegebedürftigkeit geführt. Maßgeblichen Einfluss auf die ersten<br />

Debatten hatten die Ergebnisse der sozialwissenschaftlichen Studie des Instituts<br />

SOCIALDATA über Anzahl <strong>und</strong> Situation von zu Hause lebenden Pflegebedürftigen<br />

(vgl. Brög, W. 1980) sowie ein umfassender Bericht einer von der Regierung einberufenen<br />

Arbeitsgruppe, der denkbare Modelle zur Verbesserung der Absicherung <strong>im</strong> Pflegefall<br />

vorstellte. Diese Untersuchungen verdeutlichten, dass die Sozialhilfe ihre ursprüngliche<br />

Funktion (B<strong>und</strong>essozialhilfegesetz, BSHG), nur die schl<strong>im</strong>msten Notlagen zu verhindern,<br />

nicht mehr erfüllte, sondern diese vor allem für Schwer- <strong>und</strong> Schwerstpflegebedürftige<br />

zu einer Art Regelleistung wurde. Ältere Menschen waren nach einem lebenslangen<br />

Arbeitsprozess auf Sozialhilfe angewiesen <strong>und</strong> wurden <strong>im</strong> He<strong>im</strong> zu<br />

,Taschengeldempfängern‘. Viele Betroffene empfanden die Notwendigkeit des Rückgriffs<br />

auf Sozialhilfe als Stigmatisierung (vgl. Wissenschaftlicher Beirat be<strong>im</strong> B<strong>und</strong>esministerium<br />

der Finanzen 1990). Nicht selten wurden nach Offenbarung von Einkommen<br />

<strong>und</strong> Vermögen unterhaltspflichtige Angehörige zu ergänzenden Zahlungen herangezogen.<br />

Dieser finanziellen Abhängigkeit folgte, wenn der Pflegebedürftige in einem<br />

Pflegehe<strong>im</strong> untergebracht wurde, oft auch der Verlust der Selbstbest<strong>im</strong>mung. Gleichzeitig<br />

musste sich die stationäre Pflege der Kritik ausgeprägter infrastruktureller <strong>und</strong> qualitativer<br />

Mängel stellen (vgl. Gutachten 2000/2001, Band II; Zeman, P. 2000). Aspekte<br />

der demographischen Veränderung <strong>und</strong> „gesellschaftlichen Modernisierung“, insbesondere<br />

durch die Veränderung von Familien- <strong>und</strong> Haushaltsstrukturen, verwiesen darüber<br />

hinaus auf zukünftige „Rekrutierungsprobleme“ von Pflegepersonen (Blinkert, B. u.<br />

Klie, T. 1999; BMFSFJ 2002; GVG 2003; R<strong>und</strong>e, B. et al. 2003).<br />

474. Die langfristige Pflege alter <strong>und</strong> chronisch kranker Menschen konnte vor Einführung<br />

des Pflegeversicherungsgesetzes durch die vorhandene ambulante Infrastruktur nur<br />

schwer sicher gestellt werden. Neben der reinen Pflegeleistung benötigten sie auch Hilfe<br />

zur Erhaltung der Alltagskompetenz. Diese Leistungen wurden zum größten Teil von<br />

informellen Unterstützungsnetzwerken erbracht. Die Pflegebedürftigen, die nicht vom<br />

Partner oder den Kindern versorgt wurden <strong>und</strong> sich Leistungen einkaufen mussten, hatten<br />

große Schwierigkeiten, sich diese zu beschaffen. Jedoch waren nicht nur pflegebedürftige<br />

alte Menschen, sondern auch Sterbende, jüngere psychisch Kranke, Behinderte<br />

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